Stanley Cup Chicagos beste Nacht

Warum die Blackhawks schon wieder den Stanley-Cup gewannen.

Stanley Cup: Chicagos beste Nacht
Foto: dpa

Chicago. Als das Spiel vorbei war und alles in den Party-Modus geschaltet hatte, stand John McDonough auf dem Eis des United Centers von Chicago und bekam so etwas wie Vatergefühle. „Zu sehen, wie sich die Jungs in gestandene Männer entwickelt haben“, setzte der Präsident der Chicago Blackhawks an und schien von der jüngeren Geschichte des Vereins überwältigt. „Als ich hier angefangen habe, waren die meisten der Jungs Singles. Jetzt sind hier überall Babys“, sagte er mit Blick auf Chicagos Eishockey-Stars und ihre Familien.

2:0 hatten die Blackhawks das sechste Spiel dieser mitreißenden Finalserie um den Stanley Cup gegen die Tampa Bay Lightning gewonnen. Das reichte, um zum sechsten Mal die Meisterschaft in der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL zu gewinnen. Zum dritten Mal in den vergangenen sechs Jahren.

Aber was noch wichtiger war: zum ersten Mal seit 1938 zu Hause. Entsprechend aufgeregt war die Vier-Millionen-Metropole. Mehr als 10000 Dollar kostete ein Ticket auf dem Schwarzmarkt. Selbst US-Präsident Barack Obama, der seine politische Laufbahn in Chicago begonnen hatte, ließ sich dieser Tage mit dem berühmten Indianerkopf-Trikot ablichten.

Bilder, die sich Rocky Wirtz 2007 nicht hätte träumen lassen. Damals hatte der Besitzer den heruntergekommenen Verein von seinem Vater Bill übernommen. Während Basketballstar Michael Jordan und seine Bulls über Jahre das Gesicht der Sportstadt Chicago prägten, interessierte sich kaum noch jemand für Eishockey.

Die Blackhawks hatten die Play-offs gerade zum neunten Mal in zehn Jahren verpasst, die Halle war meist nur zur Hälfte gefüllt, es gab nicht mal einen TV-Vertrag. Den handeln nordamerikanische Vereine selbst mit lokalen Sendern aus. Weil Wirtz aber Angst hatte, dass niemand mehr in die Halle kommt, wenn das Spiel auch im Fernsehen läuft, schloss er keinen ab.

Erst als sein Sohn das Zepter übernahm und erkannte, dass es mediale Präsenz braucht, um wieder in die Öffentlichkeit zu kommen, ging es bergauf. Dank einer klugen Draft- und Transferpolitik entwickelte sich ein Topteam. Talente wie Jonathan Toews, Patrick Kane und Duncan Keith wurden Weltstars mit zweistelligen Millioneneinkommen. 2010 gewann die Blackhawks den ersten Stanley Cup nach 49 Jahren. Seitdem gilt in der Stadt eine Regel: Der Frühling ist Hawks-Zeit. 2013 wurden sie erneut Meister, nun wieder. Verantwortlich dafür sind vor allem die drei Ex-Jungstars.

Spielmacher und Kapitän Toews (27), Supertechniker und Torjäger Kane (26), und vor allem Abwehrchef Keith (31). Seit 2010 gewann der Kanadier Keith zwei Mal Olympiagold und drei Stanley Cups. Allein in diesen Play-offs stand er aberwitzige 31:06 pro Abend gegen die besten Stürmer der Welt auf dem Eis, bereitete in 23 Spielen 18 Tore vor und erzielte drei selbst.

So auch Montagnacht beim 1:0. So konnte das beginnen, was Schauspieler James Belushi vorher als die „beste Nacht in jedermanns Leben in Chicago“ bezeichnet hatte. Hunderttausende Menschen feierten auf den Straßen der Stadt. Selbst die Michael-Jordan-Statue vor der Halle hatte längst ein Blackhawks-Trikot an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort