„Mercules“ kriegt Red-Bull-Neid zu spüren

Melbourne (dpa) - Auf die echten Attacken von Sebastian Vettel und Ferrari macht sich die „Mercules“-Crew mit freudiger Erwartung gefasst, die verbalen Angriffe von Red Bull perlen an den Silberpfeil-Verantwortlichen ab.

„Mercules“ kriegt Red-Bull-Neid zu spüren
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„Es gibt da in Jerusalem eine Mauer, vor die Du dich stellen kannst und klagen. Vielleicht sollten sie dahin gehen“, konterte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff die Langeweile-Kritik aus dem Red-Bull-Lager nach der Stärke-Demonstration von Weltmeister und Australien-Sieger Lewis Hamilton und seinem zweitplatzierten Teamkollegen Nico Rosberg beim Saisonauftakt.

307,574 Rennkilometer am Sonntag in Melbourne haben für die erste Kollision zwischen dem geschlagenen alten Branchenführer und dem aktuellen Titelträger gereicht. Red Bulls Teamchef Christian Horner prophezeite ein weiter sinkendes Interesse an der Formel 1 und forderte die Regelhüter zum Handeln auf, weil Mercedes allen vorausfährt. Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko drohte gar mit Ausstieg.

Bei Ferrari nahm man es sportlich und fair: Das gesamte Erscheinungsbild der Formel 1 mit gerade mal 15 Autos am Start, elf im Ziel, kaum Überholmanövern und einem vorhersehbaren Ausgang ist zwar auch nicht nach dem Geschmack der Scuderia. Aber man sei nicht da, „um die Regeln zu schreiben“, betonte Teamchef Maurizio Arrivabene.

Die über eine halbe Sekunde Rückstand des drittplatzierten Vettel bei seiner Premiere im Ferrari ist Ansporn für die Italiener statt Nörgelgrund. „Wir müssen aufhören, wie Zweite zu denken. Wir müssen anfangen, an den ersten Platz zu denken und danach zu schauen“, betonte Arrivabene. Zwei Siege hat er als Ziel ausgegeben, seit Mai 2013 wartet die Scuderia auf einen Grand-Prix-Erfolg.

Und auch Hamilton geht davon aus, dass Ferrari mit Vettel und dem in Melbourne pleitengeplagten und ausgeschiedenen Kimi Räikkönen dem Mercedes-Duo noch deutlich näher kommt. „Ich erwarte, dass wir irgendwann einen guten Kampf mit ihnen haben werden“, sagte der Weltmeister.

Mit einer „weltmeisterlichen“ (Rosberg) Fahrt auf dem Albert Park Circuit hatte er aber seine Ambitionen auf Titel Nummer drei mehr als deutlich demonstriert. „Hamilton - der unangefochtene Chef der Formel 1 - löschte seine Gegner mit der Präzision einer Maschine aus: Pole Position, schnellste Runde, Zielflagge. Auftrag erledigt“, stellte der britische „Telegraph“ am Montag fest.

Es sei schwer, aber nicht unmöglich, den Rückstand aufzuholen, meinte dennoch Verfolger Vettel, der nach einem Jahr Stimmungstristesse bei Red Bull wieder aufgeblüht ist und das Ferrari-Team mit seiner Frische mitreißt und antreibt. Griesgrämig präsentiert sich dagegen wieder einmal sein alter Arbeitgeber. Der Wagen von Daniil Kwjat schaffte nicht mal die Einführungsrunde. Der andere - vom Lokalmatador und dreimaligen Grand-Prix-Sieger 2014 Daniel Ricciardo - schaffte es gerade so auf Rang sechs.

Der Renault-Motor des Red Bulls sei ziemlich unfahrbar, die Situation frustrierend, meinte Horner. Der Antrieb von Mercedes habe wahrscheinlich 100 PS mehr.

Aber was kann Mercedes dafür? Dann müssten Red Bull und Renault halt die Köpfe zusammenstecken und hart arbeiten, konterte Wolff. Als Red Bull gewonnen habe, sei alles unternommen worden, um das Team wieder einzufangen, behauptete Horner - Souveränität in Krisenzeiten sieht anders aus, auch wenn die Lücke zu Mercedes tatsächlich für alle groß und für manche sehr, sehr riesig ist.

Australiens „Herald Sun“ taufte die Silberpfeile in riesigen Lettern auf der Hauptsportseite schon mal „Mercules“. Und „The Age“ meinte zu dem Rennen: „Wäre es ein Junioren-Fußballspiel gewesen, wäre es unter Verweis auf die Gnadenregel aus Rücksicht auf die Gefühle der unterlegenen Mannschaft abgebrochen worden.“

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