Zukunftssorgen der 1860er nach dem Investorenknall

München (dpa) - Das erste Experiment mit einem arabischen Investor im deutschen Profifußball steht vor dem schnellen Aus. Nur knapp eineinhalb Jahre nach dem Einstieg von Geldgeber Hasan Ismaik zeichnet sich der Abschied des Multimillionärs beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München ab.

Der einstige Retter aus Jordanien hat sich mit der Vereinsführung überworfen - ein Krisentreffen am Montagabend ließ die sowieso schon angespannte Lage eskalieren. Nach rund vierstündigen Verhandlungen stürmte der wütende Ismaik davon. „Nach jetzigem Stand“ werde dieser die vereinbarten Zahlungen an den Verein künftig nicht leisten, musste Präsident Dieter Schneider eingestehen.

Kommt es so, steht der Verein vor einer ungewissen Zukunft. Schnell muss jetzt ein Plan B her - im Mittelpunkt steht die Frage, wie es ohne die sieben- bis achtstelligen Zuschüsse von Ismaik weitergehen soll. Im Mai 2011 war der Araber mit zunächst 18,4 Millionen Euro bei den Münchnern eingestiegen und hatte den Verein damals vor dem finanziellen Aus bewahrt. Ohne das eingeplante Geld von Ismaik könnte den Löwen bald ein ähnlich kritisches Szenario drohen, zumal die Mannschaft im Sommer noch teuer verstärkt worden war.

Seit langem liegen die 1860-Bosse mit ihrem Hauptgeldgeber im Clinch über die zukünftige Ausrichtung. Ismaik, der 49 Prozent der stimmberechtigten Anteile des Clubs hält, peilt mit viel Geld und großem wirtschaftlichem Risiko den schnellen Bundesliga-Aufstieg an, die Clubführung will da nicht mitmachen.

Ismaik kündigte deshalb einen gemeinsam beschlossenen Dreijahresplan auf. Schon im Herbst hatte er Schneider & Co. düpiert, als sein Wunschtrainer Sven-Göran Eriksson gleich mehrere 1860-Spiele von der Tribüne aus beobachtete und Spekulationen um einen neuerlichen Trainerwechsel aufkamen. Den englischen Ex-Nationalcoach wollten sich die 1860-Chefs aber nicht einfach aufs Auge drücken lassen.

„Ich kann mit diesen Leuten nicht arbeiten“, meinte Ismaik in der Nacht zum Dienstag, ehe er mit seinem Oberklassen-Geländewagen davon brauste. Dabei sei man im Gespräch auf den Jordanier zugegangen, sagte Schneider. Er habe Sicherheiten von Ismaik eingefordert für das Szenario, mehr Geld für einen Aufstieg in die Hand zu nehmen. „Das aber hat er abgelehnt“, erklärte der Präsident. Stattdessen habe Ismaik größere Entscheidungskompetenzen für sich selber gefordert.

Die 50+1-Regel in den Statuten der Deutschen Fußball Liga (DFL) verhindert aber, dass Investoren die Mehrheit an den Proficlubs erlangen, die als ausgegliederte Gesellschaften organisiert sind - anders als etwa in der englischen Premier League. Da wirkte es fast skurril, dass Ismaik meinte, nach dem Zwist jetzt selber bei der DFL vorstellig zu werden. Schneider hat nur noch leise Hoffnung auf einen Kompromiss. „Wir sind aber immer offen, wenn er in zwei, drei Tagen sagt: Ich hab's mir noch mal durch den Kopf gehen lassen.“

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