Alles auf Neustart: Skibbes heikle Berlin-Mission

Berlin (dpa) - Michael Skibbe weiß um die großen Erwartungen und Sehnsüchte in Berlin, vor seinem ersten Arbeitstag als Hertha-Cheftrainer wirbt er allerdings noch um Geduld.

„Dieses Jahr geht es nur um den Klassenerhalt“, sagte Skibbe und legte bereits vor dem Beginn seiner schweren Mission beim Fußball-Bundesligisten am Dienstag unmissverständlich die Prioritäten fest. Mit 20 Punkten steht die „Alte Dame“ als Neuling nach der Hinrunde zwar ordentlich da, der Abstand zur Abstiegszone aber beträgt nur vier Zähler.

Skibbes erster Auftrag beim Neustart ist also klar. Perspektivisch sieht der 46 Jahre alte Fußball-Lehrer für Wiederaufsteiger Hertha BSC jedoch andere Möglichkeiten. „Mannschaften wie Hannover oder auch Borussia Mönchengladbach haben gezeigt, dass man mit einigen guten Verstärkungen weiter nach vorn kommen kann“, sagte Skibbe der „Berliner Zeitung“ (Montag). In Zukunft müsse es „weiter nach oben gehen“, machte der ehemalige Bundestrainer unter Teamchef Rudi Völler auch seinen persönlichen Ehrgeiz deutlich.

Es ist ein heikles Thema in der 3,5 Millionen Einwohner zählenden Metropole, seit der ehemalige Hertha-Manager Dieter Hoeneß die Vision verkündet hatte, einmal „mit der Meisterschale durchs Brandenburger Tor fahren“ zu wollen. Der Vorwurf der Großspurigkeit hatte Hoeneß in Berlin über die ganzen zwölf Jahre seiner Amtszeit begleitet. Markus Babbel, der am 18. Dezember des Vorjahres nach einer Schlammschlacht um Lügen und Missverständnisse von Hertha beurlaubt worden war, eckte kräftig an, als er in einem Interview gesagt hatte: „Der Berliner an sich neigt ja tendenziell gerne mal zum Größenwahn.“

Nun muss sich also Skibbe dem Tanz auf der Rasierklinge stellen: Auf der einen Seite die Ansprüche der deutschen Hauptstadt - auf der anderen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vereins mit fast 35 Millionen Euro Schulden. „Ich weiß, wir sind eingeschränkt durch die Verbindlichkeiten, aber es ist trotzdem so, dass der Club auf jeden Fall handlungsfähig ist“, unterstrich der neue Coach, der am Dienstagmorgen zusammen mit Manager Michael Preetz die erste Arbeitswoche besprechen wird, bevor er um 10.00 Uhr sein erstes Training in Berlin leitet.

Ob er seinen Kader für die vordringliche Aufgabe Klassenverbleib nochmals ergänzen wird, soll erst nach einer genauen Bestandsaufnahme im Trainingslager vom kommenden Samstag an im türkischen Belek entschieden werden. „Es müssen ja auch keine großen Sprünge sein, es müssen gute Sprünge sein“, sagte Skibbe zu möglichen Transfers. Edwin Boekamp, der zuletzt bei Eintracht Frankfurt und Eskisehirspor in der türkischen Liga sein Co-Trainer war, wird wahrscheinlich auch in Berlin Skibbes Assistent sein.

Er übernehme von Babbel ein funktionierendes und konkurrenzfähiges Team, betonte Skibbe. Eine grundsätzliche Kurskorrektur ist nicht zu erwarten. Auch Andre Mijatovic, der zuletzt nach einigen schwachen Spielen Kritik einstecken musste, wird Kapitän bleiben. „Es wäre doch fatal, jetzt etwas umzuschmeißen, was funktioniert hat“, sagte Skibbe dem Fachblatt „kicker“.

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