Biograf: So tickt der Trainer Pep Guardiola

Guillem Balagué, Biograf des neuen Bayern-Trainers, über dessen Philosophie und was sich ändern wird.

Düsseldorf/München. Er ist der begehrteste Trainer der Welt. Am Montagmittag stieg die große Show in München. Pep Guardiola ist da. Zur Präsentation des neuen Trainers des Triple-Gewinners FC Bayern München hatten sich rund 200 Journalisten angesagt, zudem zahlreiche TV-Teams. Aber wer ist Pep Guardiola? Wer ist der Trainer, der mit dem FC Barcelona in vier Jahren Titel sammelte wie andere Briefmarken oder Bierdeckel? Einer, der es wissen muss, ist Guillem Balagué. Der Autor hat den Star-Trainer in seinem Buch „Pep Guardiola Another Way of Winning (Ein anderer Weg zum Sieg)“ portraitiert.

Herr Balagué, wie hat sich die Zusammenarbeit mit Pep Guardiola für die Biografie gestaltet?

Guillem Balagué: Ich hatte ein Buch über Liverpools Sieg in der Champions League 2005 geschrieben, das hat gut funktioniert, der Verlag wollte nachlegen. Ich habe Pep Guardiola gefragt, ob er dabei ist. Und er sagte: Lass uns starten. Für mich war es wichtig, dass er mir die Tür zur Umkleide geöffnet hat, ich konnte mit Xavi, Iniesta und allen anderen Spielern sprechen. Pep Guardiola ist ein ziemlich normaler Typ, aber er hat viele Facetten und lässt sich aus vielen Blickwinkeln betrachten. Das habe ich versucht: Die sportliche, die taktische, die psychologische Seite. Ich wollte wissen, wie Fans, Medien und Spieler ihn sehen. Am Ende — glaube ich — habe ich seine Essenz erfasst.

Wie würden Sie einen Bayern-Fußballer auf den Typen Guariola vorbereiten?

Balagué: Ich würde ihm sagen: Höre ihm zu, und du wirst ein besserer Spieler. Lass dich von ihm in seinen Bann ziehen, und du wirst auf einem neuen Level spielen. Er kann den Fußball auf eine Weise verständlich machen, wie das andere nicht können. Puyol, Xavi, Iniesta, Valdez oder Messi — sie alle dachten, sie hätten alles erlebt, aber er zeigte ihnen, dass sie Vieles gesehen, aber nicht erkannt haben. Es geht weniger um ihre Rolle im Team, sondern darum, den ganzen Fußball zu verstehen. Der Torwart Valdez etwa wusste vorher nichts von Taktik, Guardiola machte aus ihm einen taktischen Keeper. Auch auf diesem Level ist Raum für Verbesserung. Das gilt auch für Bayern. Ich habe sie gegen Arsenal und im Finale gegen Dortmund gesehen. Sie können noch besser spielen. Und unter Guardiola werden sie besser spielen.

Ist Guardiola ein mutiger Mensch? Oder wo liegen seine Ängste?

Balagué: Er denkt viel über Dinge nach, vielleicht auch zu viel. Aber wenn er eine Entscheidung trifft, dann verfolgt er sie mit Kraft. Er dachte eine Zeit: Ich muss Barcelona verlassen! Und er sammelte lange Gründe, warum er Barcelona tatsächlich verlassen muss. Erst aber, als er wirklich gegangen ist, hat er sich Gedanken gemacht: Wie geht es jetzt weiter? Er ging dann nach New York, nahm seine Familie mit, machte ein Sabbatjahr. Das ist ein mutiger Schritt, weil der Fußball das so nicht kennt. Dann hatte er zwei Möglichkeiten bei Vereinen, die zur Saisonhälfte einen neuen Trainer gesucht haben: Chelsea oder Bayern. Bayern ist ein historischer und erfolgreicher Klub, der von Fußballern gelenkt wird. Das gab den Ausschlag.

Warum hat er Barcelona überhaupt verlassen?

Balagué: Am Anfang seiner Trainerzeit in Barcelona ging Pep davon aus, dass er das nicht sehr lange machen würde. Sein emotionales und physisches Engagement war enorm, das hat für ihn, seine Gesundheit und seine Familie auch eine Belastung bedeutet. Guardiola steht für die Sache ein, er fordert sehr viel — vor allem von sich selbst.

Wie steht er zu Johan Cruyff, welchen Einfluss hatte der auf die Entscheidung für Bayern?

Balagué: Ich glaube nicht, dass Cruyff sie wesentlich getroffen hat, aber er war sicher beteiligt. Er hat Cruyff in den Schlüsselmomenten seiner Karriere immer um Rat gefragt. Cruyff hatte immer viel Respekt für Franz Beckenbauer, die Bayern, für Deutschland. Das hat für Pep eine Rolle gespielt, ganz sicher. Es hat geholfen, Guardiolas Bild von Deutschland zu zeichnen.

Der FC Bayern ist ein besonderer Verein, in dem viele ehemalige Spieler wie Rummenigge, Hoeneß oder Ehrenpräsident Beckenbauer mitreden. Wird das zum Problem?

Balagué: Guardiola ist ein Trainer mit starken Idealen und Ideen. Er ist sehr klar im Umgang mit dem Team. Und ich sehe keinen Grund, warum er in München mit Hoeneß oder Rummenigge anders umgehen sollte als etwa mit Cruyff. Die haben sicher eigene Meinungen, bislang hat Guardiola es aber immer geschafft, sich damit auseinanderzusetzen. Es wird ein Lernprozess für alle Beteiligten. Sie müssen offen mit Guardiola sein. Er wird den Klub lernen müssen, aber das ist sein Job. Und das wird er hinkriegen.

Mit welchem Anspruch startet Guardiola in München?

Balagué: Er will Fußball spielen lassen, an den er glaubt. Und so will er gewinnen. Niemals wird Guardiola einfach spielen lassen, und schauen, ob er so gewinnen kann. Er weiß: Ich will gewinnen, also gehe ich diesen oder jenen Weg. Seine Mannschaft muss Protagonist sein, das Schicksal in die Hände nehmen, das ist auch eine Verpflichtung für die Fans und die Geschichte des Klubs. Sie muss das Spiel kontrollieren, das gilt für Barcelona wie für Bayern.

Hat er nach den jüngsten Erfolgen der Bayern keine Angst zu scheitern?

Balagué: Es gibt Raum für Verbesserung. Darum muss er keine Angst haben. Es geht um das Aufbauspiel, um die Rolle etwa von Martinez, der ein noch besserer Führungsspieler werden muss. Guardiola sollte nicht sofort an Ergebnissen gemessen werden. Die Deutschen sind meiner Erfahrung nach gute Analysten des Fußballs. Sie werden sehen, dass die Bayern besser werden. Und nach diesem Niveau des Auftritts sollte Guardiola bewertet werden.

Wird die Liaison zwischen dem spanischen Erfolgstrainer und dem deutschen Erfolgsklub funktionieren?

Balagué: Ich glaube: Ja. Guardiola ist für mich der beste Trainer der Welt. Die Frage ist: Wie lange macht er das? Nach vielleicht drei Jahren wird er nach einer nächsten Herausforderung suchen. Bayern sollte schon jetzt nach einem Trainer Ausschau halten, der Guardiolas Stil weiterführen kann. Louis van Gaal, der auf die jüngere Entwicklung des Fußballs großen Einfluss hatte, hat bei den Bayern einen Spielstil eingebracht, auf dem Guardiola aufbauen kann. Auch wenn ich weiß, dass er Probleme in München hatte und von vielen gehasst wird. Jupp Heynckes hat das Team wettbewerbsfähiger gemacht, Guardiola wird es essenziell verbessern.

Wird Bayern taktisch genauso verändern wie der FC Barcelona unter Guardiola gespielt hat?

Balagué: Einige sagen, Guardiola hat sich Bayern deswegen ausgesucht, weil sie einen ähnlichen Stil wie Barcelona pflegen.

Guardiola soll viele Sprachen sprechen. Wie wird er hier in Deutschland auftreten?

Balagué: Er spricht viele Sprachen: Englisch, Italienisch, ein bisschen Französisch, Katalan, Spanisch und auch Deutsch. Er wird auch seine erste Pressekonferenz in München auf Deutsch halten, und ich kann ihnen versprechen, dass sie von ihm begeistert sein werden. Er ist ein privilegierter Kopf, ein kluger Mann.

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