Breitner zu Doping im Fußball: „Verlogene Mentalität“

Berlin (dpa) - Angesichts ungeklärter Fragen über möglicherweise systematisches Doping in der Fußball-Bundesliga mehren sich Vorwürfe wegen des fehlenden Aufklärungswillen der Verantwortlichen.

Breitner zu Doping im Fußball: „Verlogene Mentalität“
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„Diese verlogene Mentalität wird seit Jahren gelebt“, kritisierte der ehemalige Bayern-Profi Paul Breitner in der „tz“. „Fußball ist eine heilige Kuh, die nicht angekratzt werden darf“, meinte der Weltmeister von 1974.

Niemand wolle das lukrative System Fußball zum Einsturz bringen, bemängelte auch der Dopingforscher Perikles Simon. Es fehle die politische Tatkraft für einen sauberen Sport. „Es geht darum, nicht auszublenden, dass es dabei um Mitbürger und Mitbürgerinnen geht, die man schützen muss“, sagte er dem „Tagesspiegel“.

Breitner betonte: „Wenn ein Mensch zehn Stunden Höchstleistungen abliefern muss, greift er womöglich zu Aufputschmitteln. Nichts anderes ist beim Fußball.“ Er habe als Aktiver und auch nach seiner Karriere immer gesagt, dass im Fußball gedopt wird, betonte der 63-Jährige: „Wir sollten zu dieser Dopingvergangenheit stehen und fertig.“

Die Dopingkontrollen im Fußball kritisierte er als widersprüchlich. „Warum sollte ich etwas kontrollieren, von dem ich sicher bin, dass es das gar nicht gibt. Ich kontrolliere doch nur, wenn ich etwas befürchte“, sagte er.

Selbst als Patient und Freund des umstrittenen Arztes Armin Klümper erwähnt zu werden, ärgert Breitner. „Ich war ein einziges Mal bei Herrn Klümper, damit er meinen eingerissenen Meniskus untersucht. Aber nicht weil er ein Dopingpapst war, sondern weil er mir als Spezialist für diese Verletzung empfohlen wurde. Das ist mein einziger Berührungspunkt mit ihm“, sagte Breitner. Als Klümper Geldprobleme hatte, habe er für ihn gespendet, denn der „war nett, höflich und hatte sofort einen Termin für mich möglich gemacht“.

Simon, der zur Untersuchungskommission zur Aufarbeitung der Doping-Vergangenheit an der Universität Freiburg gehört, bezeichnete die Urin-Kontrollen als ineffektiv und sinnlos. Bestimmte Dopingverfahren könnten wesentlich besser im Blut aufgedeckt werden.

Anfang der Woche waren Untersuchungen einer Expertenkommission um Simon publik geworden, die beweisen sollen, dass Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre beim VfB Stuttgart und dem SC Freiburg Anabolika-Doping betrieben worden sei. Kommissionsmitglied Andreas Singler hatte die Mitteilung ohne Zustimmung seiner Kollegen aus dem Gremium veröffentlicht.

Der VfB hat sich inzwischen vergeblich darum bemüht, Einsicht in die Akten zu bekommen. „Zu meinem tiefen Bedauern ist es der Kommission nicht möglich, der Öffentlichkeit oder auch nur den betroffenen Fußballvereinen sowie dem BDR (Bund Deutscher Radfahrer) das Gutachten und die zugrundeliegenden Unterlagen vor der Veröffentlichung im Abschlussbericht zugänglich zu machen“, hieß es in einem am Donnerstag vom Fußball-Bundesligisten veröffentlichten Antwortschreiben der Vorsitzenden der Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin, Letizia Paoli.

Beim VfB Stuttgart entschuldigte sich Paoli für den nicht abgesprochenen Alleingang ihres Kollegen: „Ich nenne das gerade auch deswegen unverantwortlich, weil das mediale Interesse und die damit verbundenen Spekulationen gerade im Fall des SC Freiburg und VfB Stuttgart, die auf dem 17. respektive 18. Tabellenplatz stehen, deren Konzentration und Mobilisierung aller Kräfte zum Bundesligaklassenerhalt sicher nicht zuträglich sind“, schrieb sie.

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