„Club“ von Hecking-Abgang kalt erwischt

Nürnberg (dpa) - Von der schönen Bescherung nur zwei Tage vor Heiligabend wollte sich Martin Bader die Festtagsstimmung nicht gänzlich vermiesen lassen.

„Selbstverständlich kann ich Weihnachten genießen“, sagte der Sport-Vorstand des vom Weggang seines Trainers Dieter Hecking kalt erwischten Fußball-Bundesligisten 1. FC Nürnberg ein wenig trotzig der Nachrichtenagentur dpa.

„Aber ich bin enttäuscht. Ich bin enttäuscht, dass wir das, was wir angefangen hatten, nicht weitermachen.“ Wie aus dem Nichts standen die Franken auf den Tag genau drei Jahre nach dem Amtsantritt von Hecking plötzlich ohne Trainer da - und auf Bader kommt nun statt besinnlicher Tage viel Arbeit zu.

„Wir werden uns über die Weihnachtstage in Ruhe Gedanken machen“, kündigte der Manager an. Doch viel Zeit bleibt den Franken nach dem überraschenden Wechsel Heckings zum VfL Wolfsburg nicht. Bereits am 3. Januar steht beim neunmaligen deutschen Meister der Trainingsauftakt nach der Winterpause an. Und bis dahin soll der Neue an Bord sein, erklärte Bader. „Natürlich wollen wir mit einem neuen Trainer in die Vorbereitung gehen.“

Ein möglicher Kandidat ist Ex-Profi Michael Wiesinger, der als Coach der zweiten „Club“-Mannschaft bestens mit dem gesamten Umfeld vertraut ist. „Ich würde mir die Rolle als Nachfolger von Hecking zutrauen“, sagte der 39-Jährige im TV-Sender Sky Sport News. „Ich kenne den Club in- und auswendig.“

„Wir machen uns über mehrere Namen Gedanken, natürlich auch über den Michael“, sagte Bader bei Sport 1 zur Nachfolge-Frage. „Aber wir sollten es noch ein wenig offen lassen.“ Bader lobte aber ausdrücklich seinen U23-Coach: „Wiesinger ist zumindest eine sehr gute Alternative, sonst würde er nicht bei uns im Verein arbeiten. Es wäre ja absurd, wenn wir Trainer im Nachwuchsbereich hätten, denen wir nicht auch vertrauen.“

Doch vor einer finalen Entscheidung saß der Frust über den Verlust Heckings tief. „Wir werden nichts Schlechtes über ihn sagen“, sagte Bader, stellte dann aber doch klar: „Ich bin verantwortlich für den 1. FC Nürnberg. Und ich kann keine Beweggründe nachvollziehen, wenn man vom 1. FC Nürnberg weggeht.“ Eine Ausstiegsklausel im bis 2014 gültigen Vertrag hatte Hecking den Abgang ermöglicht. „Ohne die Klausel hätte ich Dieter nicht gehen lassen“, erklärte Bader in der „Bild am Sonntag“. Selbst die Ablösesumme, die im hohen sechsstelligen Bereich liegen soll, konnte nicht trösten.

Genau vor drei Jahren - am 22. Dezember 2009 - war Hecking bei den Franken zum Nachfolger von Michael Oenning benannt worden. Schnell wurde der Trainer in seiner neuen Heimat heimisch: „Es passt hier für mich. Ich bin ein richtiger Frankenversteher geworden“, sagte der in Niedersachsen lebende Fußball-Lehrer. Doch das Wolfsburger Werben durch den neuen Manager Klaus Allofs mit einem Vertrag bis 2016 war dann doch zu viel: „Es fällt mir schwer, Nürnberg zu verlassen“, bekannte Hecking. „Aber ich habe mir auch gesagt: Dieter, jetzt musst Du auch mal an Dich denken!“

Und an seine Familie. Die wohnt nämlich weit entfernt vom Frankenland im niedersächsischen Bad Nenndorf. Nur rund 110 Kilometer sind es künftig für Hecking von dort zu seiner neuen Arbeitsstätte in Wolfsburg. „Sicherlich spielen auch die wirtschaftliche und familiäre Situation eine Rolle“, gestand der Fußball-Lehrer in der „Bild am Sonntag“. Und räumte ein: „Natürlich will ich mich auch in meiner Trainerkarriere weiterentwickeln.“

Dies kann er nun beim VW-Club, bei dem er sich gegen den zunächst favorisierten Bernd Schuster durchsetzen konnte und nun die Nachfolge von Interimscoach Lorenz-Günther Köstner antritt. Doch erst einmal muss Hecking bei seinem neuen Job klein anfangen: Nur auf Platz 15 steht Wolfsburg - einen Punkt hinter dem 1. FC Nürnberg.

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