Eintracht Frankfurt droht Geisterspiel

Frankfurt/Main (dpa) - Eintracht Frankfurt muss nach der erneuten Randale seiner Problemfans mit einer knallharten Strafe des DFB-Sportgerichts rechnen. Hessens Innenminister Boris Rhein kündigte nach den Vorfällen in Leverkusen eine verschärfte Videoüberwachung im Stadion an.

„Meine Hoffnung ist es, dass wir dann auch wirklich an die Einzelnen herankommen, die da Krawalle und Probleme machen. So kann es jedenfalls nicht weitergehen“, sagte der CDU-Politiker am Montag in einem dpa-Interview.

Auch die Eintracht-Funktionäre kündigten eine harte Gangart gegenüber den Chaoten an, die am Samstag bei der 1:3-Niederlage in Leverkusen Bengalos gezündet sowie Leuchtraketen auf den Rasen geschossen und für eine siebenminütige Spielunterbrechung gesorgt hatten. „Es ist absolut untragbar und unschön, wenn ein Spiel unterbrochen werden muss“, sagte Bundestrainer Joachim Löw bei der Tagung der Erstligatrainer am Montag in Düsseldorf. „Wenn Raketen geschmissen und damit andere Zuschauer gefährdet werden, ist es unheimlich wichtig, mit aller Macht gegen diese Leute vorzugehen.“

Die Eintracht als Wiederholungstäter muss nun sogar ein Geisterspiel befürchten. Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat einen Antrag gegen den Tabellenvierten zurückgezogen, der eine Geldstrafe von 100 000 Euro wegen Vorfällen mit Frankfurter Zuschauern am 21. September beim 1. FC Nürnberg und am 30. November bei Fortuna Düsseldorf vorsah. Diese Fälle fließen nun in die Beurteilung des Leverkusen-Spiels mit ein.

„Die Verfehlungen der Frankfurter Zuschauer in den genannten drei Spielen werden jetzt von uns gebündelt behandelt“, sagte Anton Nachreiner, Vorsitzender des Kontrollausschusses, in einer DFB-Mitteilung. Frühestens Mitte bis Ende nächster Woche sei mit einer Entscheidung zu rechnen. Diese kann in einem schriftlichen Verfahren oder in einer mündlichen Verhandlung fallen.

Eine sportliche Strafe muss die Eintracht jedoch nicht befürchten. „Ein Punktabzug wird aus grundsätzlichen Überlegungen nicht erwogen, weil man mit einem Urteil wegen Zuschauerausschreitungen nicht in den sportlichen Wettbewerb eingreifen will“, sagte Hans E. Lorenz, Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, dem „Kicker“. Die Frankfurter haben nach Angaben des Fachblattes seit 2002 wegen ähnlicher Verfehlungen insgesamt 473 500 Euro an Geldstrafen bezahlen müssen.

Unterdessen haben sich die Ultras von Eintracht Frankfurt von jenen Anhängern distanziert, die in Leverkusen für die Spielunterbrechung gesorgt hatten. „Wir möchten alle Eintracht-Fans darüber informieren, dass das Zünden von Böllern, das Schmeißen von Bengalos und das Abschießen von Leuchtspur, insbesondere auch noch auf Spieler, nicht unsere Unterstützung findet“, heißt es in einer Erklärung auf der Homepage der Fan-Gruppe.

Mit Entsetzen, aber auch Hilflosigkeit haben die Funktionäre der Eintracht schon unmittelbar nach den Vorkommnissen reagiert. „Wenn das jetzt auswärts unser Trend ist, können wir die ganze Saison in die Tonne treten“, sagte Finanzvorstand Axel Hellmann. „Diese Problem-Besucher haben mit Fußball nichts am Hut“, meinte der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen, „Es gibt nur ein Mittel: Man muss sie isolieren und ausgrenzen.“

Der Kontrollausschuss ermittelt auch gegen Leverkusen als Gastgeber, Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser hatte jedoch bereits angekündigt, eine mögliche Strafe auf die Gästetickets der Eintracht-Fans beim nächsten Spiel umzulegen. Dagegen sprach sich jedoch Innenminister Rhein aus. „Jetzt die Preise zu erhöhen, wäre eine Bestrafung aller friedlichen Eintracht-Fans. Das wäre kontraproduktiv.“ Holzhäuser kündigte am Montag zudem an, die Täter auch zivilrechtlich zur Verantwortung ziehen zu wollen - wenn sie identifiziert werden.

Die Eintracht hat schon mehrfach büßen müssen: Das Sportgericht brummte dem Club zwei Teilausschlüsse (gegen FC St. Pauli 2011 und gegen Bayer Leverkusen 2012) und einen Ausschluss für Auswärtsfans (bei Union Berlin 2011) auf. Michael Gabriel, Vorsitzender der bundesweiten Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) mit Sitz in Frankfurt/Main, fordert: „Die Fans, die einen respektvollen Umgang mit dem Fußball pflegen, dürfen den Verein jetzt nicht alleinlassen.“

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