Verkehrssünder Reus muss halbe Million zahlen

Dortmund (dpa) - Der Riesenwirbel um den 540.000-Euro-Strafbefehl für Nationalspieler Marco Reus wegen Fahrens ohne Führerschein trifft Borussia Dortmund in der größten sportlichen Krise seit Jahren.

Verkehrssünder Reus muss halbe Million zahlen
Foto: dpa

„Das war eine Dummheit“, gestand der 25-jährige Fußball-Profi der „Bild“-Zeitung. Über Jahre hinweg war er mit seinem Auto im Straßenverkehr unterwegs, ohne jemals eine Führerschein-Prüfung absolviert zu haben. Der saftige Strafzettel dafür dürfte einer der teuersten sein, der jemals in Deutschland ausgestellt wurde.

Der BVB reagierte einen Tag nach dem 2:2 gegen Wolfsburg mit Nachsicht auf das aufsehenerregende Vergehen von Reus. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sicherte ihm die „komplette Solidarität“ zu. „Wir stehen zu Marco wie eine Eins“, sagte er bei Sky Sports News.

Watzke zeigte sogar Verständnis dafür, dass Reus seinen Fehler jahrelang verschwieg und nicht korrigierte. „Marco hat sich zu dem Schritt entschieden, ohne Führerschein zu fahren, als er 18 oder 19 Jahre alt war. Anschließend erst kam diese unfassbare Prominenz“, erklärte der BVB-Boss der Zeitung „Die Welt“. „Da konnte er natürlich schwerlich zu einer Fahrschule fahren und sagen: "Ich möchte gern den Führerschein machen’. Das wäre ja sofort rausgekommen, und es war ja bekannt, dass er schon zuvor Auto gefahren war.“

Sascha Fligge, Direktor Kommunikation beim Fußball-Bundesligisten, erklärte: „Wir haben mit Marco gesprochen. Er sieht seinen Fehler ein, spricht selbst von einer großen Dummheit. Er hat versprochen, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Weil wir Marco nicht nur als Sportler, sondern auch als Mensch sehr schätzen, sehen wir keinen Grund, an seinen Worten zu zweifeln.“

Überrascht zeigte sich der BVB-Chefcoach über die Verfehlung von Reus, die für den unerwartet in den Abstiegskampf geratenen Meister von 2011 und 2012 zur Unzeit kommt. „Er ist maximal einsichtig und als ganz junger Kerl falsch abgebogen“, sagte Jürgen Klopp nach einem längeren Gespräch mit ihm und dem Training am Donnerstag, an dem auch Reus teilnahm. „Nun ist er erwischt worden, kriegt eine außergewöhnlich hohe Strafe und das ist auch gut so.“ Wenn er die Strafe bezahlt, gehe es ganz normal weiter. „Jetzt ziehen wir einen Strich drunter und es geht normal weiter“, meinte Klopp.

Ob Reus disziplinarische Maßnahmen seitens des Vereins zu erwarten hat, wurde nicht mitgeteilt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wollte auf dpa-Anfrage keine Stellungnahme zum Vergehen des deutschen Auswahlspielers abgeben, für den ein „Seuchenjahr“ mit einem weiteren Nackenschlag zu Ende geht. Wegen einer Bänderverletzung fiel der Mittelfeldakteur für die WM in Brasilien aus. Danach erlitt er drei weitere Verletzungen, von denen die letzte zugezogene Blessur im November für ihn das Hinrunden-Aus bedeutete.

Der BVB-Star dürfe sich trotz eines Strafbefehls über mehr als eine halbe Millionen Euro, was bei Reus 90 Tagessätzen entspricht, als nicht vorbestraft bezeichnen, sagte Oberstaatsanwältin Barbara Vogelsang der dpa. Der Strafbefehl sei seit Mittwoch rechtskräftig, bestätigte die Staatsanwaltschaft Informationen der „Bild“. Reus hat den Strafbefehl nach Angaben der Anklagebehörde akzeptiert. Demnächst bekomme er die Rechnung.

Der gebürtige Dortmunder ist fünfmal wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt worden. Teils liegen Fotos vor. Dabei wurde ermittelt, dass er ohne Fahrerlaubnis unterwegs gewesen ist, sagte Vogelsang: „Gegenstand des Strafbefehls sind sechs Fahrten ohne Fahrerlaubnis und zwar in einem Zeitraum von September 2011 bis März 2014.“

Ertappt wurde Reus am 18. März, als er mit seinem Sportwagen von der Polizei für eine Verkehrskontrolle angehalten wurde. Die Überprüfung seiner Personalien durch die Leitstelle ergab, dass er gar keinen Führerschein besitzt. Warum es nicht früher - nach den Tempoverstößen - aufgefallen ist, konnte Vogelsang nicht erklären.

Bei dieser Kontrolle soll Reus nach WDR-Informationen einen gefälschten niederländischen Führerschein vorgezeigt haben. Das gehe aus dem Strafbefehl hervor, der dem WDR vorliegt. Darin heißt es: „Im Jahr 2009 verschafften Sie sich über eine unbekannt gebliebene Kontaktperson einen niederländischen Führerschein, bei dem Ihnen bekannt war, dass Sie durch diesen keine Berechtigung, erhalten in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Bei diesem handelt es sich um eine Fälschung.“ Die Dortmunder Staatsanwaltschaft bestätigte dies nicht. „Die Verurteilung ist abgeschlossen, deshalb kann ich dazu nichts sagen“, erklärte Oberstaatsanwältin Barbara Vogelsang auf Anfrage.

Reus hat dem „Bild“-Bericht zufolge nie die Führerschein-Prüfung absolviert. „Ich habe mich damals leider entschieden, diesen Weg zu gehen. Die Gründe kann ich heute selbst nicht mehr nachvollziehen“, zitiert ihn das Blatt. „Ich habe meine Lehren daraus gezogen. So etwas passiert mir nie wieder“, beteuerte er.

Das Bußgeld für Deutschlands Fußballer des Jahres 2012 berechnet sich anhand seines Einkommens. Bei den 90 Tagessätzen geht die Staatsanwaltschaft von einem Netto-Monatseinkommen von 180 000 Euro aus. „Heute weiß ich: Ich war in dieser Situation viel zu naiv“, sagte Reus. Er will sich angeblich nun bei einer Fahrschule anmelden und möglichst bald seine Führerschein-Prüfung nachholen.

Der Autohersteller Opel, Sponsor des BVB, erklärte auf Anfrage: „Natürlich hat uns der Fall heute Morgen überrascht. Wir wissen, dass unser Partner BVB Dortmund das Thema mit Marco Reus diskutiert und geklärt hat. Wir haben dem nichts hinzuzufügen.“ Reus war unlängst als Pate für ein Sondermodell vorgestellt worden.

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