Gegen die Regel: Gefoulter schießt und trifft zweimal

Hannover (dpa) - Alte Fußball-Weisheiten scheinen Szabolcs Huszti nicht zu interessieren. Von wegen der Gefoulte soll den Elfmeter nicht selber schießen!

Der ungarische Fußballprofi trat bei Hannovers 3:2-Sieg gegen Bayer Leverkusen gleich zweimal an, nachdem er im Strafraum zu Fall gebracht worden war - und verwandelte zweimal sicher und souverän. „Er ist einfach eiskalt in der Verwertung“, schwärmte 96-Trainer Mirko Slomka.

Niemand der Beteiligten konnte sich daran erinnern, so etwas schon einmal erlebt oder davon gehört zu haben. „Ich bin nicht so ein guter Statistiker“, witzelte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler und kritisierte die eigene Defensivabteilung wegen der Fouls: „Ungeschickter kann man sich nicht anstellen. Wenn du den Gegner praktisch einlädst, dann wirst du bestraft.“ Lob hatte der ehemalige Weltklassestürmer hingegen für Huszti parat: „Das hat er sehr clever gemacht.“ Und damit waren nicht nur die verwandelten Schüsse aus elf Metern gemeint.

Huszti ist der Mann für die besonderen Momente. Am zweiten Spieltag bereitete der 29 Jahre alte Linksfuß beim 4:0 in Wolfsburg alle vier Tore vor. Am dritten schoss er 96 mit einem sensationellen Last-Minute-Seitfallzieher zum 3:2 gegen Werder Bremen - und sorgte anschließend für einen der kuriosesten Platzverweise der Bundesliga-Geschichte: Der Torschütze bekam Gelb-Rot, weil er im Siegesrausch zunächst das Trikot ausgezogen hatte und anschließend auf den Zaun geklettert war.

Nach dem neuen Kuriosum schwieg der Ungar wieder einmal. An den Mikrofonen und Kameras ging er kopfschüttelnd vorbei und schlich sich später durch den Hintereingang aus dem Stadion. „Der ist ein bisschen schüchtern, was Interviews angeht“, sagte 96-Kapitän Steven Cherundolo: „Sonst spricht er sehr viel.“

So aber sprachen andere wieder einmal viel über Huszti. „Er war ja nicht schwer verletzt, da konnte er ja anlaufen und sie reinhauen“, scherzte 96-Sportdirektor Jörg Schmadtke: „Ein großes Thema wäre das nur, wenn er verschossen hätte.“

Von seinem Trainer hat Huszti - entgegen der alten Elfer-Regel - auf jeden Fall die Erlaubnis, zu schießen, auch wenn er selber gefoult wurde. Der Ungar darf selber entscheiden und verzichten, „wenn er nicht kann oder nicht will“. Er habe da während des Spiels „von außen keinen Einfluss drauf“, sagte der Trainer.

Auch spielerisch hat der vor der Saison von Zenit St. Petersburg zurückgekommene Mittelfeldmann nach einem Durchhänger wieder zugelegt. „Zuletzt war ich nicht in so guter Form und deshalb auch nicht so effektiv“, hatte Huszti in der Vorwoche in Valencia bei einem seiner wenigen Gespräche mit Journalisten gesagt. Und mit einem Nachsatz für eine schöne Pointe gesorgt: „Wenn ich so wie zu Saisonbeginn weitergespielt hätte, wäre ich wohl nicht mehr bei 96.“

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