Heynckes giftet gegen den Club

Bayer Leverkusens Trainer kritisiert die harte Gangart des Gegners und die Leistung von Schiedsrichter Knut Kircher.

Nürnberg. Fußballlehrer Josef „Jupp“ Heynckes (Foto) ist trotz seiner rheinischen Herkunft seltener durch Frohsinn aufgefallen. Nach der 0:1-Niederlage von Bayer Leverkusen beim 1. FC Nürnberg, dem ersten verlorenen Auswärts-Auftritt seiner Mannschaft in dieser Saison, geriet der Branchen-Senior vollends zum Ritter von der traurigen Gestalt.

„Ich gebe zu, wir haben nicht gut gespielt“, bemerkte der schlechte Verlierer — und fügte an: „Aber der Gegner hat gar keinen Fußball gespielt.“ Denn arg „rustikal und aggressiv“ sei das Benehmen der Sieger gewesen. Sodann verließ der schmollende Jupp eilenden Schrittes und hochroten Kopfes, ohne dem Kollegen Dieter Hecking die Hand zum Abschied zu reichen, das Nürnberger Podium.

Heynckes, der Spielverderber, der Siegverderber. Und dabei hatten die Bezwinger seiner einfallslosen, sich in zähen Duellen zermürbenden Elf bloß das getan, was ganze Armaden von Übungsleitern immer wieder von ihren Mannschaften allüberall einfordern: Sie hatten gekämpft, bis hart an die Grenze (nicht über der Grenze) des Erlaubten gefightet, sie hatten Leidenschaft gezeigt, Willen, Biss, Durchsetzungsvermögen — und damit die Räume eng gemacht, jede Dominanz der technisch überlegenen Leverkusenern eliminiert. Hecking blieb ruhig und tat gelassen, und nur ein mürrischer Zug um die Oberlippen verriet Groll ob des abwertenden Urteils. „Der Herr Kollege mag monieren, was er will, ich kann das ja nachvollziehen. Aber Zweikämpfe, auch viele Zweikämpfe, gehören zu einem Fußballspiel. Und wir haben es damit wieder geschafft, einer Mannschaft von weiter oben mit unseren Mitteln den Zahn zu ziehen.“ Das sagt man zu einem Spielverlauf, wenn ein scheinbar unterlegener Kontrahent aufmuckt. Manchmal drückt man es auch gerne so aus wie der noch weit unter einstigem Standard befindliche Ex-Capitano Michael Ballack: „Die Nürnberger haben uns den Schneid abgekauft.“ Das wiederum konnten sie tun, diese Nürnberger, weil sie sich laut Hecking „den Sieg intensiv erarbeiteten und geschlossen aufgetreten sind, das ist unsere neue Qualität“. Plötzlich wagt ein Christian Eigler kurz entschlossen einen Weitschuss, und der Ball zappelt im Netz statt auf dem Tribünendach („Ich habe einfach abgezogen, und der schlägt natürlich göttlich ein“) — das Siegtor in der 60. Minute. 21 Punkte weist die Saisonbilanz inzwischen aus den Heimspielen aus, selbst Borussia Dortmund hat zu Hause keinen einzigen Zähler mehr gesammelt, und zum dritten Mal in Folge konnte Bayer Leverkusen unter dem Trainer Jupp Heynckes gegen den Club nicht gewinnen: Es hat weiß Gott schon ganz andere Zeiten gegeben, der Abstiegskampf könnte diesmal früher als gewohnt bewältigt werden.

Einer beim Verlierer hat die enttäuschenden Leverkusener dann doch unter etwas anderem Blickwinkel betrachtet. „Die vielen Fouls und Unterbrechungen haben uns mehrfach Ballbesitz in Form von Freistößen ermöglicht. Da muss mal eine Freistoßflanke auf dem richtigem Kopf landen und rein in die Kiste. So ein Tor haben wir nicht geschafft, und das war letztlich entscheidend“, erklärte Rudi Völler. Auch die rustikale Gangart empfand der Bayer-Sportdirektor weniger derb: „So zu spielen ist doch legitim. Manchmal ist das besser, als Fußball zu spielen.“

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