Interview: Daum will in die Bundesliga

Der ehemalige Kölner Trainer plant, einen deutschen Verein zu übernehmen — und von seiner markanten Linie nicht abzuweichen.

Herr Daum, wir gehen davon aus, dass Sie nicht neuer Trainer beim FC Bayern werden. Und Sie?

Christoph Daum: Davon würde ich im Augenblick auch ausgehen, da haben Sie Recht.

Und woran liegt das?

Daum: Das hat nichts mit irgendwelchen fachlichen Dingen zu tun.

Wo und wann steigen Sie denn auf das sich immer schneller drehende Trainerkarussell?

Christoph Daum: Das hängt von den Angeboten ab. Ich hatte bisher Angebote aus dem Ausland, die habe ich alle abgelehnt. Und ich schiebe noch Einiges vor mir her. Aber ich setze meine Prioritäten auf die Bundesliga, weil ich mein Wissen und die Erfahrung hier einbringen möchte. Und meine Planung ist auf die nächste Spielzeit ausgerichtet.

Übungsleiter kommen und gehen. Wie bewerten Sie das rege Treiben in der Bundesliga?

Daum: Das Wort Übungsleiter für einen Trainer zu benutzen, ist eine Unverschämtheit.

Entschuldigen Sie bitte.

Daum: Angenommen. Diesen Begriff hätten Sie vielleicht vor 30 Jahren nutzen können. Wenn Sie sehen, in welche Bereiche ein Trainer heute einbezogen ist, passt der Begriff nicht mehr im Ansatz: Auswahl der Spieler, Budgetierung, Nachwuchabteilung, Auswahl der Mitarbeiter — und die Öffentlichkeitsarbeit.

Also ist der Job mit dem aus Ihrer Anfangszeit Ende der achtziger Jahre nicht mehr zu vergleichen?

Daum: Viele wissen doch gar nicht mehr, dass ich einer der ersten Trainer der Bundesliga war, der Cheftrainer und Manager in einer Person war. Damals, als ich den 1.FC Köln übernommen habe. Irgendwo kommt so immer etwas zu kurz. Du brauchst einen Stab für die unterschiedlichsten Bereiche.

Ist Felix Magath auch deshalb auf Schalke gescheitert?

Daum: Das Modell Magath hat in Wolfsburg sehr, sehr gut funktioniert. Und Schalke steht sportlich auch ganz gut da. Aber ein Modell lässt sich nicht von einem auf den anderen Verein übertragen. Schalke hat eine andere Tradition, eine andere Vereinsstruktur und Mentalität als Wolfsburg. In dieser Saison dort hat die Emotionalität, die den Fußball natürlich auszeichnet, absolut Überhand genommen.

Können Sie diese Entwicklung nachvollziehen?

Daum: Gegen Emotionen wirst du nie mit sachlichen Argumenten ankommen. Magath leistet gute Arbeit, und van Gaal leistet gute Arbeit in München. Aber die Entwicklungen haben sie überrannt.

DFB-Chefausbilder Frank Wormuth sagte unlängst, die Zeit der autoritären Trainer sei vorbei.

Daum: Dem widerspreche ich entschieden. Gerade in unserer heutigen Zeit braucht es Autoritäten, die verantwortungsvoll und respektvoll mit den Mitarbeitern umgehen, die aber auch Entscheidungen treffen.

Wormuth findet, junge Spieler seien freier aufgewachsen als frühere Generationen. Sie wollen überzeugt werden von einem Trainer.

Daum: Das ist ein Hauptproblem in unserer Erziehung: Dass Autoritäten zu sehr in Frage gestellt werden — und dadurch gar nicht mehr erzogen wird. Nur mit Emotionen kann man nicht arbeiten. Vieles hat mit Disziplin zu tun — und die hängt mit Autoritäten zusammen.

Braucht eine Mannschaft eine Hierarchie?

Daum: Ohne Hierarchie geht in keinem einzigen Bereich etwas. Was sich hier verändert hat, sind Mannschaften wie Borussia Dortmund, die eine unglaublich hohe Einsatzbereitschaft mitbringen, wo einer für den anderen mitarbeitet. Das hat nichts mit flachen oder hohen Hierarchien zu tun, sondern mit absoluter Fitness und Teamfähigkeit. Und mit Leuten, die Verantwortung übernehmen. Meine Erfahrung ist: Je mehr die Verantwortung prozentual auf viele Spieler verteilt wird, desto mehr nimmt die Verantwortung ab.

Wenn Sie sich einen Verein aussuchen könnten, bei dem Sie arbeiten können — welcher wäre das?

Daum: Wichtig ist, welche klare und realistische Zielplanung hat ein Verein. Wenn das mittelfristig in den internationalen Bereich reingeht, ist das sicher auch eine Herausforderung. Nur auf den Klassenerhalt zu schielen, das wäre nicht mein Ziel.

Deswegen haben Sie den 1. FC Köln vor zwei Jahren verlassen.

Daum: Genau. Die Aussagen, die man in Köln leider nach außen nie richtig kommuniziert hat, waren doch die: In den nächsten drei Jahren geht es für uns ausnahmslos gegen den Abstieg. Wir haben hohe finanzielle Verbindlichkeiten, wir können nicht neben der Investition Podolski weitere tätigen. Insofern war klar, dass es unter Soldo um den Klassenerhalt ging, dass es unter Schaefer darum geht — und im nächsten Jahr wohl auch noch.

Trotzdem scheint in Köln eine Entwicklung stattzufinden. Erkennen Sie eine solche?

Daum: Köln hat im Winter personell gute Entscheidungen getroffen, Frank Schaefer konnte unbelastet an die Sache herangehen und eigentlich nur gewinnen. Das hat er sehr gut umgesetzt.

Wie beobachten Sie die Liga?

Daum: Ich bin oft im Kölner Stadion. Ein Freund von mir hat da eine Loge. Und dann komme ich immer kurz vor dem Anpfiff, um da nicht wieder irgendwelche Diskussionen auszulösen. Wobei das etwas einfacher ist, seitdem der FC wieder besser da steht.

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