BVB Kevin - allein zu Haus

Weltmeister Großkreutz macht Borussia Dortmund Ärger. Es ist die Begegnung des neuen BVB mit seiner Vergangenheit.

In Ungnade gefallen: Die Dortmunder Skandalnudel Kevin Großkreutz.

In Ungnade gefallen: Die Dortmunder Skandalnudel Kevin Großkreutz.

Foto: Friso Gentsch


Düsseldorf.
Kevin Großkreutz war gar nicht dabei, aber trotzdem Gesprächsthema Nummer eins. Gerade hatte Borussia Dortmund in der dritten Qualifikationsrunde zur Europa League am Donnerstagabend mit 1:0 beim Wolfsberger AC in Österreich gewonnen, da torpedierte eine Meldung des Boulevard die Aufbaubemühungen des neuen Trainers Thomas Tuchel: Wie in der Vorwoche ließ Großkreutz seine Zukunft beim BVB offen und klagte via „Bild“, seit Wochen habe niemand aus der Clubführung mit ihm gesprochen.
Wenn man Tuchel kennt, ahnt man, dass Großkreutz, 27 Jahre alt, in Dortmund geboren und als Dauerläufer mit BVB-Seele bei den Fans Publikumsliebling, damit sportlichen Selbstmord begangen hatte.

Wer aus dem Kollektiv ausschert, wird ein Problem mit dem Klopp-Nachfolger bekommen. Das war schon unter Jürgen Klopp ähnlich, aber der Unterschied könnte dieser sein: Unter dem Ex-Trainer traute sich niemand, dessen Jähzorn zu aktivieren. Gerade aber Großkreutz, der mit Klopp emotional stets auf einer Linie lag, versucht nun im Gefühl alter Stärke, den Zwist mit dem noch wenig geliebten Tuchel bestehen zu können. Große Chancen hat er nicht: Der 27 Jahre alte Fußball-Weltmeister wird in Ungnade fallen, weil der Verein die Zeitenwende längst vollzogen und die Ära Klopp zugunsten des Hoffnungsträgers Tuchel für beendet erklärt hat. Was bleibt, erinnert stark an den Titel eines US-Spielfilms aus 1990: Kevin — allein zu Haus.

Tuchel, der mit seinem Team am Samstag einen Test gegen Betis Sevilla im Wuppertaler Stadion am Zoo (15.30 Uhr) absolviert, hat das auch schnell öffentlich klar gemacht: „Es enttäuscht mich, dass er wieder den Weg über die Öffentlichkeit geht. Das hatten wir anders vereinbart.“ Klingt sachlich, ist aber eine schallende Ohrfeige für den Weltmeister, der als Symbol der Ära Klopp fast schon konsequent zu Beginn der Tuchel-Zeit zu scheitern droht. Wobei man sagen muss, dass Großkreutz auch unter Klopp sportlich zuletzt einen schweren Stand hatte.

Im Gegensatz zu Großkreutz aber haben Spieler wie Hummels, Gündogan oder auch Aubameyang, der am Freitag seinen Vertrag bis 2020 verlängerte, den Wechsel auf Tuchel längst für sich vollzogen haben. Wie auch Jonas Hofmann, dessen Tor (16.) den BVB in Wolfsberg gewinnen ließ — auch wenn vom Tuchel-Zauber noch nicht gar so viel zu sehen war. „Wir werden uns unter Tuchel extrem weiterentwickeln“, sagte Hofmann überzeugt. Überraschend stand der Youngster in der Anfangself.

Dorthin ist es für den gerade von einer Knieverletzung genesenen Großkreutz ein kaum mehr zu bewältigender Weg. Wahrscheinlich will er ihn auch gar nicht gehen. Es könne sein, ließ Großkreutz, der vertraglich bis 2016 gebunden ist, per Instagram wissen, dass er wechseln werde. „Ja, das kann passieren, aber wenn möchte ich hier vernünftig gehen“, schrieb Großkreutz am Freitag. Ein Wechsel zum 1. FC Köln, seit jeher Großkreutz zweite Fan-Liebe, dürfte am mangelnden Interesse des FC scheitern. Der BVB wird sich im Zweifel ob der Gefühlslage seiner Anhängerschaft darum bemühen, Großkreutz nicht aktiv wegzuschicken. Mehr aber auch nicht.

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