Köstners väterliche Nachsicht: „Wir stehen zusammen“

Nürnberg (dpa) - Nur für einen kurzen Moment ließ Lorenz-Günther Köstner den Kopf hängen, dann suchte er noch auf dem Platz den Schulterschluss mit seinen geschlagenen Profis.

„Die Spieler sollen merken, wir stehen zusammen. Wir befinden uns im Abstiegskampf. Aber wir sind erst am Anfang unseres Weges, gemeinsam werden wir da raus kommen“, versprach der Interimscoach des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg nach dem 0:1 (0:0) beim 1. FC Nürnberg. „Es war klar, dass Rückschläge kommen werden.“

Und was für einer. Ohne Mumm und Spielwitz präsentierten sich Köstners „Wölfe“ in Nürnberg, der erstaunlich blutleere Auftritt am Ende einer bis dahin erfolgreichen Woche erinnerte an die schwersten Zeiten unter dem geschassten Felix Magath. Dass der zarte Aufwärtstrend nach nur einer Woche Vergangenheit war, lag vor allem am nicht vorhandenen Offensivspiel. Erst in der 69. Minute schoss Diego einmal auf den Kasten der Hausherren - es war die einzige Torchance der „Wölfe“ im ganzen Spiel. Wenn überhaupt.

„An dieser Niederlage sind wir größtenteils selbst schuld“, erkannte Köstner nach dem Rückschlag. Das war es dann aber auch schon mit öffentlicher Kritik an seinem mutlosen Team, ansonsten hielt Köstner voller väterlicher Nachsicht schützend die Hand über seine verunsicherten Profis. „Wir haben nicht gut gespielt. Aber wenn wir zu Null gespielt hätten, wäre es eine fantastische Woche gewesen. Auch ohne gut gespielt zu haben. Das muss die Mannschaft wissen.“

„Exzellente Arbeit“ hatte Aufsichtsratschef Francisco Javier Garcia Sanz seinem Coach nach den zwei Auftaktsiegen bescheinigt. Der schwache Auftritt in Nürnberg dürfte Köstners Chancen auf den Cheftrainer-Posten („geilster Job der Welt“) nicht gesteigert haben, doch dies war dem 60-Jährigen egal. „Ich bin erst zehn Tage da. Wenn man eine Mannschaft übernimmt, kann man nicht einfach den Schalter umlegen“, verteidigte er sich - und flüchtete sich orakelnd ins Philosophische: „Manchmal ist Glaubwürdigkeit für die Zukunft mehr wert als ein Sieg. Die Mannschaft braucht meine Glaubwürdigkeit.“

Keine großen Worte benötigte „Club“-Trainer Dieter Hecking nach dem Befreiungsschlag durch den späten Treffer von Timo Gebhart (76. Minute). „Das war ein verdienter Sieg. Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung“, freute sich der sichtlich erleichterte Coach der Franken. Zwar hatte ihm Sport-Vorstand Martin Bader trotz zuletzt nur einem Punkt aus sechs Spielen demonstrativ den Rücken gestärkt, die Rücktrittsforderungen einiger Fans hatten „Franken-Versteher“ Hecking aber durchaus zugesetzt.

„Wir haben eine Zeit hinter uns, die nicht angenehm war“, gestand Hecking nach dem ersten Sieg seit eineinhalb Monaten. Und auch seinen Spielern, die zuvor fast 380 Minuten lang ohne Torjubel auskommen mussten, war die Erleichterung deutlich anzumerken. „Das war ein Big Point-Spiel. Wir haben konzentriert zusammen gearbeitet. Die drei Punkte verschaffen uns Luft nach unten“, sagte Hanno Balitsch. Und Timothy Chandler gestand: „Heute ist viel Druck von uns abgefallen.“ Davon kann Wolfsburg nur träumen.

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