Labbadias Ausraster und seine Vorbilder - "man darf auch mal aufbrausend sein"

Frankfurt. Felix Magath lächelte immer noch nonchalant in alle Kameras. Bruno Labbadia hingegen brachte am Sonntagabend so viel Selbstbeherrschung nicht mehr auf. Der Trainer des VfB Stuttgart rastete angesichts der Kritik, die auf ihn einprasselt, bei der Pressekonferenz nach dem 2:2 gegen Bayer Leverkusen aus.

„Die Trainer sind nicht die Mülleimer für andere Menschen“, wütete Labbadia, das Gesicht gerötet, die Augen weit aufgerissen.

Magath, dem in Wolfsburg der Gegenwind kräftig ins Gesicht bläst, zeigte sich aus der Ferne solidarisch mit seinem Kollegen. „Es hat sich in diesem Geschäft eingebürgert, wenn was schief läuft, dann geben wir dem Trainer die Schuld“, sagte der 59-Jährige.

Die aber wollen nicht länger die Prügelknaben sein und wehren sich — wie schon Bundestrainer Joachim Löw vor einigen Wochen, als ihn die anhaltende Kritik an seiner Arbeit nach der Fußball-Europameisterschaft dieses Jahres zu einer Grundsatzreplik in offiziellem und deutlichen Ton verleitete. „Teile dieser Kritik halte ich für nicht zielführend und ermüden mich“, sagte Löw damals mit scharfem Unterton. Vom „braven Jogi“ hat sich Löw ohnehin längst verabschiedet, auch die Kritik von TV-Experten und einstigen Nationalspielern wie Oliver Kahn und Mehmet Scholl nach deutschen Länderspielen lassen den Bundestrainer inzwischen regelmäßig kochen — dem Ausbruch stets ganz nah.

Noch wurde kein Bundesliga-Trainer in dieser Saison entlassen. Hat diese Quote bis Samstag bestand, stellt die Liga einen Rekord fürs neue Jahrtausend auf. Seit 2000 wurde bis zum 13. Oktober immer mindestens ein Trainer geschasst. Magath in Wolfsburg und Labbadia in Stuttgart gelten derzeit als gefährdet — auch wenn sie sich daran weitgehend schuldlos sehen. „Es wird wirklich respektlos mit den Trainern umgegangen“, klagte Magath. In Stuttgart sprang Sportdirektor Fredi Bobic Labbadia zur Seite, klagte über „Rufmord“ und hat nun verständnis für des Trainers Ausbruch: „Das ist das gute Recht des Trainers, das zu äußern. Ein Mensch habe auch mal das Recht, aufbrausend zu sein.“

Es gibt ja auch zahlreiche Vorbilder von ausrastenden Trainern, die noch heute die Fußball-Fans unterhalten. In Erinnerung bleibt der legendäre Auftritt des damaligen Bayern-Trainers Giovanni Trapattoni, der 1998 verbal durch den kleinen PK-Raum an der Säbener Straße wütete, weil er die Kritik nicht mehr hinnehmen wollte — und seine Spieler in die Pflicht nahm. „Was erlauben Strunz?“ schrie Trapattoni und endete: „Ich habe fertig.“

Thomas Doll flippte 2008 gegenüber Pressevertretern als Trainer in Dortmund aus („Da lache ich mir doch den Arsch ab“) und hielt eine Grundsatzrede über gegenseitigen Respekt.

Klaus Augenthaler gab in Wolfsburg 2007 den Alleinunterhalter, als er ganze 40 Sekunden monologisierte, ehe er das Weite suchte: „Ich stelle heute die Fragen, und die Antworten gebe ich auch.“ Und der ehemalige Bundestrainer Rudi Völler? Legte sich mit ARD-Reporter Waldemar Hartmann an, als ihn die Kritik von den Moderatoren Gerhard Delling und Günter Netzer nach einem Länderspiel in Island aus der Fassung gebracht hatte: „Ich kann den ganzen Scheiß nicht mehr hören“, schrie Völler 2003 ins Mikrofon der ARD und warf Hartmann ganz nebenbei erhöhten Weißbierkonsum während der Sendung vor.

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