Länger als ein Leben lang: Friedhof für Schalke-Fans

Gelsenkirchen (dpa) - Ender Ulupinar schaut auf die Baustelle. Um ihn herum wuseln die Landschaftsbauer. Die Zeit wird knapp, denn der Initiator und Geschäftsführer des ersten Friedhofs für Schalke-Fans will im Dezember die ungewöhnliche Grabstätte eröffnen.

Noch bis Ende des Jahres sollen die ersten Verstorbenen ihre letzte Ruhe auf dem Schalke-Fan-Feld gefunden haben - 1,2 Kilometer entfernt von der Arena des Fußball-Bundesligatraditionsclubs.

Nah genug für Angehörige, in Zukunft auch bei Heimspielen die Angehörigen der Verstorbenen auf den Friedhof zu besuchen. Bereits vor der Eröffnung sind bei Ulupinar mehrere Hundert Anfragen und Reservierungswünsche von Fans aus ganz Deutschland eingegangen. „Dass sich nicht nur Anhänger hier aus Gelsenkirchen melden, sondern zum Beispiel auch aus Oranienburg, hat mich schon überrascht“, erzählt er. Das Schalke-Grabfeld ist angelegt als Stadion. In der Mitte bildet ein großes S04-Logo, bepflanzt mit Heidekraut, das Zentrum als Spielfeld. Zwei Tore - 5 mal 2 Meter - und Flutlichtmasten sorgen für Stadionflair. Kunstrasen kam für Ulupinar nicht infrage: „Auf einen Friedhof gehört Natur.“

Der 39-Jährige stand als Amateurspieler im Tor der Königsblauen. Mehrere Bänderrisse in der Schulter bedeuteten in den 90er Jahren für seine Karriere das Aus. Seine Eltern, türkische Einwanderer, hatten aber vorgesorgt. Nur Fußball gab es für sie nicht, Schulabschluss und Ausbildung waren Pflicht. Und so ist Ulupinar jetzt Geschäftsführer mehrerer thematisierter Grabfelder. Seine Frau leitet eine Firma für Landschaftsbau. Das passt. Das Angebot kommt aus einer Hand.

In Dortmund hatte gerade der letzte Wille eines kleinen Fans von Borussia Dortmund für Aufsehen gesorgt. Fußball, BVB-Logo und ein fehlendes christliches Symbol auf dem Grabstein verstießen gegen die Friedhofs-Ordnung der Kirchengemeinde. „Bei uns gibt es auch strenge Regeln, denn das Gesamtbild des Grabfeldes ist für unser Konzept natürlich entscheidend“, sagt Ulupinar.

Beim Thema Würde sind die Maßstäbe schwer zu fassen. Für Torsten Schmitt ist würdevoll, was dem Wunsch des Verstorbenen entspricht. „Aber dazu gehört natürlich auch die Rücksichtnahme auf die Nachbarn. Auf einem Friedhof sind mit den Angehörigen anderer Verstorbener ja noch mehr betroffen“, sagt der Anwalt vom Verein Aeternitas, einer Verbraucherinitiative für Bestattungen.

1904 Grabstellen sind auf dem Schalker Fan-Feld auf 4000 Quadratmetern geplant. Die Zahl steht für das Gründungsjahr des Vereins. „Diese Zahl ist fix. Mehr geht nicht“, sagt Geschäftsführer Ulupinar. 2007 gab es mit Schalke den ersten Briefwechsel, ein Jahr später den ersten Kontakt. „Meine Idee, dieses Gemeinschaftsgrab umzusetzen, hat nur funktioniert, weil ich alle Gremien im Verein, die Fanvertreter, die Kirchen in Gelsenkirchen und die Stiftung "Schalke hilft" mit einbezogen habe.“ Der Club verdiene am Tod keinen Cent, betont Ulupinar. Und der Verein habe das auch nie gewollt. So hat der ehemalige Spieler zwar eine Lizenz für das Vereinslogo erhalten, muss dafür aber nichts bezahlen.

Die Urnen für die ersten Beisetzungen stehen bei den Bestattern bereit. Wenn die letzten Arbeiten auf der Friedhof-Baustelle abgeschlossen sind, werden die ersten Schalke-Fans ihre letzte Ruhe auf dem Grabfeld finden.

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