Liga-Check 15/16 Borussia Dortmund: Neue Zeiten, großer Druck

Borussia Dortmunds neuer Trainer Thomas Tuckel änder weniger als lange angenommen. Der Schatten seines Vorgängers ist lang.

Liga-Check 15/16: Borussia Dortmund: Neue Zeiten, großer Druck
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Dortmund. Es gab Zeiten, da wollte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke Trainer Jürgen Klopp einen Rentenvertrag vorlegen. Zwei Meisterschaften, ein Pokal-Triumph und die Teilnahme am Champions-League-Finale 2013 schmiedeten beim BVB nahezu unzerstörbare Allianzen. Doch auch im Revier ist man nicht gegen jeden Sturm gefeit: Die vergangene Saison, in der die Borussia zeitweilig in akuter Abstiegsgefahr schwebte, hinterließ Spuren und hatte Konsequenzen. Es kam zur Trennung vom Erfolgstrainer, nun soll Thomas Tuchel dem gestürzten Branchen-Riesen wieder auf die Beine helfen.

Der Neue ist detailverliebt und arbeitet wissenschaftlicher als sein emotionaler und eloquenter Vorgänger. Aber auch Tuchel hat Temperament und ist sprachgewandt. Auf dem Spielfeld wird sich weniger ändern als viele glauben. Tuchel setzt ebenfalls auf hohes Gegenpressing und unverzügliches Umschaltspiel bei Balleroberung. Das sind herausragende Tugenden dieses Kaders, der personell vergleichsweise geringe Erneuerungen erfahren hat. Bei allem Sturm und Drang legt der neue Trainer großen Wert auf Balance. In Mainz habe er gelernt, „Ballbesitzpassagen zu schätzen, und sei es nur als Erholung nach wilder Balljagd.“

Der BVB zu Besuch in Wuppertal
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Sehr unwahrscheinlich. In Dortmund haben viele nach großartigen Jahren lernen müssen, mit Niederlagen umzugehen. Das fiel schwer und trieb zeitweilig auch die so genannten Führungsspieler ins Chaos. Inzwischen sollten alle ihre Lektion gelernt haben. Was Abwehrchef Mats Hummels nach dem Trainingslager unlängst bestätigte. „Es ist wieder Zug drin“, sagte der Nationalspieler.

Das ist nicht Dortmunds Anspruch und hängt ohnehin von den Bayern ab. Gleichwohl hat Tuchel seiner Mannschaft Angriffslust verordnet. Bei seiner Vorstellung Anfang Juni sagte er: „Der BVB ist Herausforderer auf die Spitze in allen Wettbewerben, in denen er antritt.“ Bezogen auf die Bundesliga bedeutet dies: Qualifikation für die Champions League. Mit dem 1:0-Erfolg im Hinspiel im österreichischen Wolfsberg in der 3. Qualifikationsrunde der Europa League ist ein erster Schritt getan, dem Anspruch Tuchels gerecht zu werden.

Viel. Tuchel hat die Latte sehr hoch gelegt, der Mann brennt auf sein Liga-Debüt bei einem Spitzenclub der Bundesliga. Das Personal, das ihm zur Verfügung steht, ist auserlesen, da werden auch Spieler auf die Bank müssen, die andernorts eine Stammplatzgarantie hätten. Wenn Ausnahmefußballer wie Mats Hummels, Ilkay Gündogan, Henrich Mchitarjan und Marco Reus gesund bleiben und ihr Potenzial annähernd abrufen, sollte der BVB sicher wieder in den Kreis der Champions-League-Teilnehmer rutschen. Helfen könnte dabei auch noch Xherdan Shaqiri von Inter Mailand, den der BVB aktuell umgarnen soll. Dafür droht der Abgang von Jakub Blaszczykowski, der Pole besitzt zwar noch einen gültigen Vertrag mit Laufzeit bis 2018, seine Verletzungsanfälligkeit sorgt aber immer wieder für längere Ausfallzeiten.

Ein missratener Saisonstart würde die frische Aufbruchstimmung erheblich dämpfen und bei sensiblen Spielern wie Mchitarjan, Kagawa und Reus womöglich Erinnerungen an die schlimme Vorsaison wecken. Eine Reaktion des in der letzten Saison sehr geduldigen Publikums wäre die Folge. Es könnte dann sehr schnell sehr ungemütlich werden für Tuchel. Der Schatten seines Vorgängers ist dann eben doch reichlich lang.

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