Nord-Clubs im Mittelmaß: Europacup-Bühne außer Sicht

Hannover (dpa) - Die schönen Zeiten liegen gar nicht so weit zurück. Nicht einmal sechs Jahre ist es her, dass Werder Bremen und der Hamburger SV gemeinsam in der Champions League spielten.

Als Zweiter und Dritter der Fußball-Bundesliga durften die beiden Nordclubs auf europäischer Ebene antreten und Millionen kassieren. Vor dem Derby am Sonntag sind die beiden Hanseaten ähnlich weit von der Spitze entfernt wie Hannover 96 und der VfL Wolfsburg, die am Samstag aufeinandertreffen. Nach jetzigem Tabellenstand würde keiner der vier Vereine in der kommenden Saison international spielen. Das Quartett kriselt vor sich hin, Mittelmaß lautet die Devise vor den Derbys. 96 steht immerhin im Achtelfinale der Europa League, könnte sich aber lediglich mit dem Gewinn des Pokals für eine neuerliche internationale Spielzeit qualifizieren.

Ein internationaler Startplatz bleibt bei allen der Anspruch - zumindest wollen sie die Nummer eins im Norden werden. „Das ist auch unser Ziel“, sagte der HSV-Vorstandsvorsitzende Carl-Edgar Jarchow. „Allerdings ist man gut beraten, wenn man sich da keinen Zeitplan auferlegt. Unser Plan ist, den HSV nach den schlechten letzten Jahren zu stabilisieren und mittelfristig unter die ersten Sechs zu kommen.“ Letztmals war der HSV 2002/03 als Tabellen-Vierter am Saisonende die Nummer 1 im Norden.

Zuletzt war Hannover 96 zweimal Primus in der Region und spielt als einziger Club des Quartetts international. „Das ist nicht selbstverständlich“, meinte Clubchef Martin Kind. Die Voraussetzungen sind nach seiner Einschätzung schwieriger als etwa in Hamburg. Dort gebe es „eine ganz andere Wirtschaftskraft“, sagte Kind. Deutlich wird das am Etat, der beim HSV in der Saison 2011/2012 bei rund 135 Millionen Euro lag, bei Hannover sind es hingegen nur 80 Millionen. Allerdings machte der HSV zuletzt Miese - und 96 dank der Europa-League-Einnahmen Gewinn.

Das meiste Geld wird in Norddeutschland in Wolfsburg ausgegeben. Der Volkswagen-Konzern alimentiert seine hundertprozentige Tochtergesellschaft großzügig, wurde dafür aber erst einmal belohnt: 2009 durfte sich der VfL als Überraschungsmeister feiern lassen und anschließend ein Jahr in der Champions League spielen.

Mit Geschäftsführer Klaus Allofs und Trainer Dieter Hecking versuchen die VW-Bosse einen Neuanfang - wieder einmal. „Nach oben sind es nur fünf Punkte, aber es ist vermessen, jetzt darüber zu reden“, betonte Hecking, dessen neuer Verein zuletzt dreimal die internationalen Startplätze verpasste. Ein Sieg im Niedersachsen-Derby - bei seinem ehemaligen Verein - „ist unser nächstes Etappenziel“.

Die Bremer Fans erleben Europapokalspiele im zweiten Jahr nacheinander nur vor dem Fernseher, nachdem Werder zuvor sechsmal in sieben Jahren Champions League gespielt hatte. Der Club, der lange Zeit wegen seiner Kontinuität und seiner Erfolge Vorbild war, machte zuletzt ein Rekordminus und steckt mitten im Umbruch. Die beiden Derbys am Sonntag in Hamburg und am folgenden Samstag gegen Hannover 96 dürften zeigen, ob Werder eine Chance auf ein Comeback in Europa hat. „Wir brauchen Geduld“, forderte Trainer Thomas Schaaf.

Der Emporkömmling der Region war zuletzt Eintracht Braunschweig. Bleibt der Zweitliga-Tabellenführer auf Kurs, gibt es in der kommenden Saison vier weitere Nordderbys in der Fußball-Bundesliga. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagte Hecking dazu.

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