Profis bibbern - Keine Kälte-Regel für Bundesliga

Berlin (dpa) - So mancher Bundesliga-Star zittert an diesem Dauerfrost-Wochenende mehr vor der sibirischen Kälte als vor dem Gegner. „Es ist brutal. Das Aufwärmen ist schwer bei dieser Kälte“, sagte Bayern Münchens Star Franck Ribéry.

Derzeit mache das Kicken „nicht viel Spaß“, findet der 28-jährige Franzose. Zwei Paar Handschuhe ziehe er übereinander, aber die Finger seien noch immer kalt. Auf Spielabsagen können die Profis eher nicht hoffen, denn eine Kälteregel gibt es in der Bundesliga nicht.

Ob ein Spiel wegen niedriger Temperaturen oder eisigen Windes nicht angepfiffen werden kann, entscheiden die Schiedsrichter zusammen mit den Mannschaftsärzten. Doch grundsätzlich will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Spielbetrieb auch bei Minusgraden aufrechterhalten. Allerdings schreibt der DFB: „Fußball soll bei Temperaturen ab minus 15 Grad, bei starkem Wind ab Temperaturen von minus 10 Grad nicht mehr gespielt werden. Bei starker Kälte muss der Schiedsrichter auf die angemessene Bekleidung der Beteiligten achten.“ Das ist jedoch bloß eine Erläuterung und keine Regel.

Die Auswirkungen der Kälte auf die Fußballspieler seien auch gar nicht so dramatisch, wie viele annehmen, meint Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer. „Ganz generell sollte man die Kirche im Dorf lassen“, sagte er in einem Interview mit der Verbandshomepage. Trotzdem sei ein langes Aufwärmtraining natürlich wichtig. „Kalte Muskulatur ist weniger leistungsfähig. Insbesondere mit unzureichender Bekleidung könnte es bei der aktuellen Witterung passieren, dass die Muskeln nicht auf die gewohnte Betriebstemperatur kommen“, sagte Meyer. Dann könnten sich die Spieler verletzen.

„Ohren, Nase, Füße, Finger, Genitalbereich“, sollten die Spieler vor allem schützen, meint Sportmediziner Andreas Nieß vom Uniklinikum Tübingen. Die Vereine sorgen bereits vor: Hannover 96 denkt darüber nach, die Reservisten auf der Bank mit Moonboots auszustatten. Wolfsburgs Trainer Felix Magath will sich beim Spiel eine lange Unterhose anziehen. An heißem Tee wärmen sich viele Mannschaften in der Halbzeitpause. Das hält Mannschaftsarzt Meyer für eine gute Idee. „Alles, was den Körper von innen und außen wärmt, ist sinnvoll.“ Bayern Münchens Trainer Jupp Heynckes hingegen meint, Hitze und Kälte seien ohnehin bloß eine Frage der Einstellung. „Augen zu und durch“, forderte er. „Wir sind ja Männer.“

Das beste Mittel gegen Frieren sei ohnehin körperliche Aktivität, finden die Trainer. „Laufen, Gas geben“, empfahl Thorsten Fink seinen Spielern beim Hamburger SV. „Das Beste ist Bewegung“, meinte auch Heynckes, der sich selbst mit beheizbaren Schuhsohlen wappnen will. Und Armin Veh vom Zweitligisten Eintracht Frankfurt ergänzte: „Laufen ist dagegen das beste Mittel, daher rechne ich mit einem besonders intensiven Spiel.“

Schalke-Trainer Huub Stevens beneidet seine Spieler. „Die einzigen, die bei der Kälte auf dem Platz leiden, sind die Trainer“, sagte er und fügte lachend hinzu: „Aber da müssen wir durch.“ Anders als die Feldspieler könnten die Torhüter Probleme bekommen. Wolfsburgs Diego Benaglio sieht das pragmatisch. „Wenn ich am Samstag friere, weil ich so wenig zu tun habe, dann bin ich aber der Erste, der das unterschreibt“, sagte der Schweizer Nationalkeeper.

In den unteren Spielklassen, wo Rasenheizungen keine Pflicht sind, mussten mehrere Partien wegen der vereisten Plätze abgesagt werden. „Wenn der Boden hartgefroren ist, fallen die Spieler fast wie auf Beton“, weiß Arzt Meyer. Regionalligist und Pokalschreck Holstein Kiel nahm deswegen Reißaus und floh zu einem dreitägigen Kurztrainingslager ins dänische Lügumkloster, wo ein Kunstrasenplatz trotz Schneefalls bespielt werden kann.

Noch kälter als auf dem Platz könnte es auf den Tribünen werden, wo es keine Heizung gibt. Außer in einigen VIP-Logen wie bei Zweitligist Greuther Fürth, wo 524 beheizbare Sitze für Geschäfts- und VIP-Gäste eingebaut wurden. Kein Wunder, dass sich Bayern-Coach Heynckes mehr Sorgen um die Fans macht als um seine Spieler. „Ich denke, dass das bei den Temperaturen nicht nur Unterhaltung ist.“ Freiburgs Trainer Christian Streich bittet die Fans: „Es sollen trotzdem viele Zuschauer kommen und zwei lange Unterhosen anziehen. Wir ziehen eine lange an, die Zuschauer zwei.“

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