Reale Träume - Bayern erwarten „wahnsinnige Aufgaben“

Marseille (dpa) - Keine Siegesparty, kein Schampus - und ja kein vorlautes Wort zu Real Madrid. Ungewöhnlich still freuten sich die Bayern nach ihrem abgezockten 2:0-Erfolg bei Olympique Marseille auf die kommenden Fußball-Festwochen mit völlig offenem Ausgang.

„Wenn wir früher auswärts im Europapokal 2:0 gewonnen haben, ist der Champagner in Strömen geflossen“, erzählte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge nachts beim Bankett im schmucken Hotel Pullman Palm Beach direkt an der malerischen Mittelmeerküste.

Aber nichts da! „Liebe Spieler, ihr könnt leider nicht feiern, ihr habt jetzt schwere Spiele im Drei-Tages-Rhythmus. Es ist noch sehr viel Arbeit“, ergänzte Rummenigge. Nach ein paar edlen Happen vom Büfett verließen Kapitän Philipp Lahm & Co. rasch den Saal - die Feiertage sollen im Mai stattfinden. Drei Titel, zwei Titel, ein Titel, oder gar kein Titel - von Triumph bis Tragödie ist in den großen Kraftproben mit Borussia Dortmund in Bundesliga und Pokal sowie den Gigantentreffen in Europas Königsklasse alles möglich.

„Wir sollten uns alle nicht unter Druck setzen“, mahnte Trainer Jupp Heynckes am Donnerstag auf der Rückreise aus Südfrankreich. „Das sind wahnsinnige Aufgaben, die kommen. Man kann jetzt noch nicht ans Halbfinale denken, man sollte nicht ans Pokalfinale denken - aber alles ist im Hinterkopf gespeichert.“ Es sind willkommene Strapazen, Vorfreude pur. „Es kann eine ganz große Saison werden“, verkündete Arjen Robben. Der Niederländer (69. Minute) und Tormaschine Mario Gomez (44.) mit seinem 37. Treffer im 40. Pflichtspiel der Saison stellten die Weichen für weitere vier Englische Wochen.

Taten statt Worte - auf diese Marschroute legen sich die Münchner Vielspieler fest. Nicht einmal ein stichelndes „Seht ihr Dortmund, so wird das gemacht“ kam den Meistern der verbalen Attacke nach dem unspektakulären Sieg gegen BVB-Schreck Marseille über die Lippen. „Wir fokussieren uns nur auf uns“, sagte Heynckes. Und auf die nächsten Aufgaben im Bundesliga-Derby beim 1. FC Nürnberg und das Rückspiel gegen Marseille drei Tage später. „Man geht von einem Wettkampf zum anderen. Champions League, jetzt Bundesliga in Nürnberg, vorher DFB-Pokal - das macht die Sache schon schwierig. Es bliebt kaum Zeit zum Regenerieren“, stöhnte Heynckes.

Und zum Träumen! „Wir müssen nicht schon denken, wir spielen gegen Madrid, nein, nein“, erklärte Franck Ribéry, der üble Schmähungen und Pfiffe bei seiner Heimkehr ins Stade Vélodrome aushalten musste. „Das ist für mich egal, das ist lustig“, behauptete Ribéry trotzig.

Sorgen vor dem Rückspiel muss sich niemand machen. In 21 von 22 Fällen kam Bayern im Europapokal nach einem Auswärtssieg weiter; nur nach dem 1:0 im Achtelfinale der Vorsaison ging es gegen Inter Mailand noch in der Allianz Arena beim 2:3 schief. „Wir werden nicht larifari mit dem Rückspiel umgehen“, versprach Manuel Neuer, der bei einem Kopfball von Rod Fanni (7.) und einer Großchance von Loic Remy (59.) zweimal überragend reagierte und der eigentliche Matchwinner war. „Das ist der Neuer, den wir uns alle gewünscht haben“, schwärmte Heynckes. Der Torwart strahle momentan „absolute Souveränität“ aus.

„Komplett ausblenden“ müsse man das programmierte Halbfinale gegen die „Königlichen“ aus Madrid mit den deutschen Nationalspielern Mesut Özil und Sami Khedira am 17. und 25. April. Das sagte Bastian Schweinsteiger, der sich bei seinem Kurz-Comeback mit einem unnötigen Foul an Mathieu Valbuena prompt die dritte Gelbe Karte abholte. Ganz schön clever: Der Mittelfeldchef ist nun gegen Marseille gesperrt, gegen Real dagegen könnte er wieder voll zur Sache gehen. Heynckes tat trotzdem verärgert: „Ich hätte mir gewünscht, dass er gegen Marseille spielen kann. Basti braucht Spiele.“ Der FC Bayern jedoch braucht seinen Chef Schweinsteiger gerade in den großen Spielen „für unsere Ziele jetzt im Endspurt“, wie Rummenigge betonte. Das größte, der Einzug ins Champions-League-Finale am 19. Mai im eigenen Stadion, wird gegen Real Madrid entschieden - Schweinsteiger steht parat!

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