Schickhardt: Einer der Mächtigsten im deutschen Fußball

Frankfurt/Main (dpa) - Der Strauß an Mikrofonen und die Wand von Kameras wären bei Angela Merkel kaum kleiner gewesen: Christoph Schickhardts Gesicht war nach dem Sportgerichtsurteil zum Skandalspiel von Düsseldorf auf allen Fernsehkanälen zu sehen.

Der 57-Jährige wirkt normalerweise im Hintergrund - und ist einer der einflussreichsten Männer im deutschen Fußball. Hertha BSC setzt bei seinem Berufungsverfahren am Freitag in der DFB-Zentrale wieder ganz auf den Sportanwalt, dem die halbe Profibranche vertraut.

Die Öffentlichkeitsarbeit ist eine seiner Stärken. Kein Wunder: Schickhardt wollte eigentlich mal Sportjournalist werden. Bei den „Stuttgarter Nachrichten“ erzählte man sich diese Geschichte, wenn der frühere Mitarbeiter „CS“ mal wieder eine Stufe auf der Karriereleiter des Staranwalts erklommen hatte: Der Jurastudent Schickhardt jobbte einst als freier Mitarbeiter. Als es darum ging, wer den Ressortleiter zur Fußball-WM 1978 nach Argentinien begleiten sollte, da hob der junge Kerl selbstbewusst den Finger, weil er der Meinung war, er wäre die beste Wahl. Natürlich erhielt ein Redakteur den Vorzug.

Mittlerweile ist Schickhardt als Fachanwalt für Sportrecht seit 30 Jahren im Geschäft. Der gebürtige Essener mit Sozietät in Ludwigsburg hat Bundesliga-Vereine vor dem Lizenzentzug gerettet (Hertha BSC, VfL Wolfsburg, 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Frankfurt). Er verteidigte Dynamo Dresden und seine Krawallmacher gegen einen Ausschluss im DFB-Pokal, er vertrat den DFB im Manipulationsskandal um Robert Hoyzer. Er handelt Verträge für Profitrainer aus und Abfindungen. Er versucht, Rotsünder vor langen Sperren zu schützen, und dürfte in wenigen Jahren seine 1000 Verfahren vor dem DFB-Sportgericht voll gemacht haben.

Mit seiner pointierten Ausdrucksweise punktet Schickhardt nicht nur vor Fernsehkameras. Bei seinem Schlussplädoyer am vergangenen Freitag vor dem DFB-Sportgericht trumpfte er wieder groß auf - auch wenn er am Montag nach der Urteilsverkündung, als Herthas Einspruch gegen die Wertung des Relegationsspiel bei Fortuna Düsseldorf (2:2) abgewiesen wurde, mit leeren Händen dastand.

Nur wenige Stunden nach dem Relegationsrückspiel hatte der Hertha-Anwalt im „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF erklärt: „Der Schiedsrichter hat die Mannschaft nicht wegen des Fußballs auf den Platz zurückgeführt, sondern nur auf Bitten der Polizei, um eine Eskalation - man hat von einem Blutbad gesprochen - zu verhindern.“ So entstanden die nächsten Schlagzeilen. Und genau das werfen Kritiker und Kontrahenten Schickhardt vor: Effekthascherei und dass er ganz bewusst auf der Klaviatur der Medien spielt.

Schickhardt vertrat auch den einstigen FIFA-Schiedsrichter Michael Kempter im schmutzigen Dauerstreit mit dem einstigen DFB-Funktionär Manfred Amerell. Beim Verfahren vor dem Landgericht Hechingen richtete er seine plakativen Äußerungen („Herr Amerell hat so viele Schiedsrichter geküsst, dass er sich wahrscheinlich nicht an jeden einzelnen erinnern kann“) immer auch an die vielen Medienvertreter. Der Richter in der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ließ Schickhardt indes keinerlei Show-Einlagen durchgehen. Er ermahnte ihn mehrfach und sagte einmal: „Gießen Sie kein Öl in ein Feuer, das wir heute vielleicht zum Erlöschen bringen.“

„Das Spiel mit den Medien muss man schon mit einbeziehen“, sagte der Fachanwalt für Sportrecht, der nach eigenen Angaben eine Sieben-Tage-Woche hat. Er betonte aber auch: „Ich gelte als jemand, der sehr hart streitet, aber zu seinem Wort steht und auf den man sich verlassen kann. Mit mir gibt es nach einem Prozess keine Schwierigkeiten mehr.“

Da eine gute Außendarstellung im Sport heute ebenso wichtig ist wie in der Politik, vertrauen nicht nur zahlreiche Proficlubs Schickhardt. Er berät auch Nike und Red Bull, Boxer wie Arthur Abraham und Luan Krasniqi - und vor allem ist er einer der engsten Vertrauten von Bundestrainer Joachim Löw. Und „leidenschaftlicher Fußballfan“ ist er übrigens auch.

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