Boateng macht den Weltmeister: „Pure Emotion“

München (dpa) - Es ging schon auf Mitternacht zu, als der zur Dopingkontrolle abkommandierte Matchwinner Jérome Boateng endlich im noch verschwitzten Trikot über sein so wichtiges Premierentor in der Champions League Auskunft geben konnte.

Boateng macht den Weltmeister: „Pure Emotion“
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Die „pure Emotion“, die der krachende Last-Minute-Schuss des Fußball-Weltmeisters zum 1:0 gegen Manchester City nicht nur bei ihm, sondern bei allen Bayern und besonders beim erleichterten Trainer Pep Guardiola ausgelöst hatte, erfüllte den Mann des Abends immer noch mit Stolz und Freude.

„Man muss immer bis zum Ende dran glauben. Ich wollte unbedingt gewinnen“, sagte Boateng nach seinem gelungenen Akt des Willens. „Ich habe gehofft, dass der Ball genau zu mir kommt. Ich habe ihn super getroffen. Er wurde noch abgefälscht. Ich freue mich, dass es geklappt hat“, schilderte der Abwehrhüne mit seiner typischen Bärenstimme die entscheidende Szene kurz vor dem Abpfiff.

Knapp 90 Minuten zuvor auf dem Rasen war Boateng beim Torjubel förmlich explodiert. Die Allianz Arena bebte - und brüllend rannte der 26-Jährige zur Bayern-Bank. In der Jubeltraube sprang ihn Guardiola wie von Sinnen an, würgte ihn danach fast mit beiden Händen am Hals und redete ihn ein. „Ich habe nicht alles gehört. Da haben so viele geschrien, ich auch“, erzählte Boateng, als seine Kollegen und auch sein Chef Guardiola längst den Kabinentrakt verlassen hatten und auf dem Heimweg waren. „Ich habe mich auch gefreut für den Trainer. Er lebt jedes Spiel an der Linie mit.“

Und wie! Guardiola war zeitweise der zwölfte Mann auf dem Platz, er trieb sein Team einen Meter im Spielfeld stehend an, stellte mal die Abwehr um, litt mit jeder vergebenen Torchance von Müller oder Lewandowski und schmiss am Ende sogar noch Arjen Robben und Claudio Pizarro als zusätzliche Offensivkräfte rein. Das Risiko lohnte sich.

„Die Champions League reizt Pep natürlich. Das sind Ballnächte für ihn. Und wenn er da den Frack anhat, dann will er natürlich auch gewinnen“, bemerkte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge über die spzielle Motivation des Starcoaches, der nach zwei Triumphen mit dem FC Barcelona (2009, 2011) die Königsklasse unbedingt auch mit den Bayern gewinnen will - gerade nach dem krachenden Aus gegen Real Madrid im Halbfinale der vergangenen Saison.

„Wir wissen, wie schwierig diese Gruppe ist“, erklärte Guardiola in Kenntnis des 5:1-Sieges des AS Rom gegen Bayerns nächsten Gegner ZSKA Moskau. Das erlösende Tor von Boateng könnte überhaupt ein Meilenstein sein im Findungsprozess des von Verletzungen gebeutelten Rekordmeisters. Und Boateng war irgendwie der logische Bayern-Retter. „Es hat niemand mehr verdient als Jérome, weil er der beste Mann auf dem Platz war“, stellte Rummenigge fest - niemand widersprach.

Boateng verkörpert den wahren Weltmeister. Während etliche deutsche Champions von Rio noch um Form und neue Motivation ringen, lebt der Abwehrgigant seinen neuen Helden-Status. Der 1,92 Meter große Modellathlet ist durch den Titel gewachsen. Er strahlt auf dem Platz eine bombastische Präsenz aus, neben ihm konnte auch der von Guardiola überraschend aufgebotene 26-Millionen-Euro-Mann Mehdi Benatia ein mehr als ordentliches Debüt im Bayern-Trikot abliefern.

„Jérome ist ein Top-Top-Spieler. Ich habe ihm oft gesagt: Wenn du einer der besten Innenverteidiger der Welt sein willst, dann kannst du das“, sagte Guardiola: „Er ist jung, schnell, super mit dem Ball, rechts und links. Er hat alles, eine große Persönlichkeit, er ist ein guter Typ. Jedes Jahr wird er ein besserer Spieler.“

Boateng will immer mehr. „Ich arbeite weiter an mir, dass ich mich weiter verbessere.“ Mit den Startspezialisten des FC Bayern will er „so schnell wie möglich ins Achtelfinale“. Dafür war der elfte Auftaktsieg nacheinander in der Königsklasse ein gutes Omen - jedes Mal kamen die Bayern nach einem Erfolg in Spiel eins weiter. Gegen seinen Ex-Club Manchester City erzielte Boateng sein erstes Tor in der Königsklasse, schon am Samstag gastiert er bei seinem Ex-Verein Hamburger SV. „Wir wollen in Hamburg da anschließen, wo wir gegen Stuttgart aufgehört haben“, sagte Boateng. Oder er gegen ManCity!

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