Rendezvous in der Heimat: Ribéry war Lille zu klein

Lille (dpa) - Die Rückkehr in Frankreichs Norden weckte bei Franck Ribéry nicht nur Heimatgefühle, sondern auch bittere Erinnerungen.

In der Jugend-Akademie des OSC Lille lief für den „kleinen Franck“ als Teenager zwischen 1996 und 1999 einiges schief, was seinen späteren Aufstieg zum Fußball-Star zu verhindern drohte. „Ich bin mit 13 Jahren nach Lille gekommen. Bis 16 war ich hier, dann bin ich zurück zu meiner Familie. Ich habe es dann alleine geschafft. Darauf bin ich stolz“, berichtete der französische Nationalspieler bei seiner Dienstreise mit dem FC Bayern München in den Norden Frankreichs.

Vor dem Champions-League-Spiel am Dienstagabend im neuen Grand Stade Métropole redete Ribéry ganz offen von jenen Schwierigkeiten, die er als Nachwuchskicker bei seinem Jugendclub hatte. So sprach er von jenem „Problem“, als er einen Mitschüler geschubst habe: „Der hat sich den Ellbogen gebrochen, und da wollten sie mich entlassen.“

Anschließend habe er in einem gewonnenen Juniorenspiel beide Tore geschossen, „und dann wollten sie mich nicht mehr entlassen“. Es sei insgesamt „nicht einfach“ für ihn gewesen damals in Lille, erinnerte Ribéry. Den damaligen Direktoren warf er bei der Rückkehr vor, einige Lügengeschichten über ihn verbreitet zu haben. Und sie hätten ihm, dem kleinen Dribbler, der auch als Erwachsener gerade 1,70 Meter misst, auch sportlich den Sprung nach ganz oben nicht zugetraut. „Ich war gut am Ball, aber sie fanden, dass ich zu klein war“, bemerkte Ribéry.

Jean-Michel Vandamme, seit mehr als 15 Jahren Nachwuchskoordinator des OSC Lille, sprach in der Zeitung „La Voix de Nord“ (Dienstag) dagegen mehr von „disziplinarischen Problemen“. Jedenfalls ging man damals auseinander. Ribéry kehrte in seinen rund eine Fahrstunde von Lille entfernten Heimatort Boulonge-sur-Mer zurück. Vandamme wollte beim Wiedersehen nicht mehr nachkarten, er bezeichnete sich vor dem Duell mit Bayern sogar als „einen der größten Bewunderer“ von Ribéry.

Der kehrt in Frankreichs Norden, seine Heimat, immer wieder gerne zurück. Auch nach Lille. „Ich war schon zufrieden hier.“ Er habe immer noch einige Bekannte dort. Richtig wohl fühlt sich Ribéry auch in München, wo er nun schon im sechsten Jahr lebt. „Alles läuft sehr gut für mich beim FC Bayern. Der Verein ist wie eine Familie“, sagte der 29-Jährige in Lille. An eine Rückkehr nach Frankreich denkt er aktuell nicht. „Mein Vertrag bei Bayern läuft bis 2015. Darüber bin ich froh und glücklich.“

Das sind auch die Bayern, obwohl Ribéry auch in München nicht nur für harmlose Späße bekannt ist. Die Probleme des kleinen Franzosen in seinem Heimatland strahlten bis nach Bayern aus. Jupp Heynckes ist froh, dass sich die Situation für Ribéry in seiner Heimat entspannt hat. „Positiv ist, dass er mit der französischen Nationalmannschaft wieder Kredit gewonnen hat“, betonte der Trainer in Lille.

Beim letzten Bayern-Gastspiel in Frankreich vor gerade einmal einem halben Jahr in Marseille war Ribéry von den Anhängern seines Ex-Vereins Olympique noch mit üblen Schmährufen bedacht worden. Für Heynckes sind diese Zeiten vorbei: „Die Nationalmannschaft hat ein anderes Standing als zu dem Zeitpunkt, als wir in Marseille gespielt haben. Das ist jetzt eine ganz andere Situation für Franck.“

In „überragender Form“, so Heynckes, präsentierte sich Ribéry zuletzt auf dem Fußballplatz, nicht nur im Verein, auch im Trikot seines Landes. „Franck ruht in sich. Er ist im Moment von der Psyche her ein ganz anderer Spieler“, meinte Heynckes vor dem brisanten Rendezvous von Ribéry mit dem Fußballclub seiner Jugend.

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