Warnruf statt Jubel - Rummenigge will andere „Gangart“

Valencia (dpa) - Die Aussetzer des Mikrofons bei der mahnenden Bankett-Rede von Karl-Heinz Rummenigge passten ins Bild. Denn auch auf dem Fußballfeld läuft es beim FC Bayern nicht mehr störungsfrei.

Statt Jubel über den Einzug ins Champions-League-Achtelfinale gab es eindringliche Warnrufe nach dem 1:1 der Überzahl-Münchner gegen zehn heroisch kämpfende und spielende Akteure des FC Valencia.

„Wir müssen aufwachen!“, ermahnte Bayern-Chef Rummenigge die Stars in der Nacht eindringlich im Teamhotel und erinnerte an die bitteren Erlebnisse der titellosen Vorsaison: „Wir müssen ganz einfach das verhindern, was uns im letzten Jahr passiert ist.“

Trainer Jupp Heynckes allerdings stellte sich schützend vor sein Team und hielt die harsche Ermahnung des Vorstandschefs offensichtlich für überzogen. „Ich habe mir in dieser Saison abgewöhnt, Kommentare irgendjemand anderer zu kommentieren“, sagte Heynckes am Mittwochmorgen vor dem Abflug aus Valencia und betonte: „Ich weiß selbst, was ich zu tun habe mit meiner Mannschaft.“

Jubeln über das erste Etappenziel in Europa mochte dennoch niemand beim Champions-League-Dinner unweit des Mestalla-Stadions. „Es ist ein komisches Gefühl. Wir sind weiter, aber man kann sich nicht richtig freuen“, sagte Torwart Manuel Neuer. „Das war kein Spiel, wo wir uns feiern können“, stimmte Thomas Müller ein, der mit seinem Ausgleichstor in der 82. Minute immerhin verhindert hatte, dass richtig miese Laune herrschte im Bankettsaal. Denn nach dem 1:0 des herausragenden Sofiane Feghouli (77.) drohte den Münchnern im Estadio Mestalla eine peinliche Niederlage - nach fast einer Stunde in Überzahl wegen der Roten Karte für Antonio Barragán (33.).

Die spielerische Leichtigkeit bei den Bayern ist verflogen, die körperliche Frische dahin - die Leistungskurve beim Bundesliga-Primus geht nach unten. Grund genug für Rummenigge, die Spieler verbal aufzurütteln vor einer Woche, „die ganz wichtig ist für die Zukunft“. Die kommenden Aufgaben heißen innerhalb von acht Tagen Hannover, Freiburg und zum Abschluss „das ganz große Spiel gegen Borussia Dortmund“, wie der Vorstandsvorsitzende in Valencia aufzählte.

Drei Liga-Prüfungen, in denen der Vereinschef wieder die dominanten und spielfreudigen Bayern der ersten Saisonphase sehen möchte. „Wir müssen in dieser Woche alles in die Waagschale legen, alles“, forderte Rummenigge. „Damit wir das verhindern, was uns im letzten Jahr passiert ist.“ Die Sorge vor dem erneuten Einbruch im November geht um. „Wir müssen wieder die Gangart hinkriegen, die uns so stark gemacht hat“, mahnte Rummenigge in der lauen spanischen Nacht.

Die Spieler schlossen sich den Warnrufen des Chefs an. „Bis zum Winter kann noch einiges passieren. Wir müssen aufpassen, wir müssen hellwach sein und wieder in die Spur finden“, sagte Kapitän Philipp Lahm. „Wenn wir unsere Spiele weiterhin so medium bestreiten, wird es auch in der Meisterschaft kein Spaziergang“, erklärte Müller, dessen Tor vier Millionen Euro wert ist. Die Bayern haben mit dem Vorstoß ins Achtelfinale schon 15,6 Millionen Euro an Prämien verdient.

Der angestrebte Gruppensieg sollte im letzten Heimspiel am 5. Dezember gegen BATE Borissow „Pflicht“ sein, wie Neuer anmerkte. Die Bayern haben wegen des gewonnenen direkten Vergleichs mit Valencia (2:1 und 1:1) die besseren Karten.

Auffällig war in Valencia, dass wie schon in der Endphase beim jüngsten 1:1 in Nürnberg erneut aus einer Elf-gegen-Zehn-Überzahl kein Kapital geschlagen werden konnte. „Wir haben keine Lösungsmöglichkeiten gefunden“, gab Heynckes zu. Auch der von einer Rippenprellung beeinträchtigte Franck Ribéry konnte das Team diesmal nicht mitreißen: „Ich habe unter Schmerzen gespielt. Das war kein Spaß für mich, sondern eine Katastrophe.“

Beim FC Valencia schien der Platzverweis einen Adrenalinstoß zu bewirken, bei den Bayern eine kollektive Lähmung. „Man hat gesehen, dass Valencia nicht nur eine gute Mannschaft hat, sondern auch Spieler, die ans Limit gehen. Meine Mannschaft hat in dem Punkt noch Spielraum“, stellte Heynckes kritisch fest.

Immerhin habe man „nach dem Gegentor gut reagiert“, hob Abwehrmann Dante „das Positive“ des Abends hervor. „Glücklich“ war auch Torjäger Mario Gomez, den Heynckes nach dem 0:1 ins Spiel warf und der bei seinem kurzen Saisondebüt am Müller-Tor aktiv beteiligt war. „Mario hat Schwung gebracht“, lobte Neuer. Bald sollen auch wieder Tore folgen.

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