DFB-Pokalfinale Dieter Hecking: „King“ — nicht nur für einen Tag

Dieter Hecking feiert mit 50 seinen ersten Titel. Mit Geschick und Geld hat er aus dem VfL Wolfsburg einen Anwärter auf Großes geschaffen.

DFB-Pokalfinale: Dieter Hecking: „King“ — nicht nur für einen Tag
Foto: dpa

Berlin. Man kannte Dieter Hecking ja eher beherrscht. Durchaus selbstbewusst war er immer, aber an diesem Tag von Berlin ließ Hecking im übertragenen Sinne alle Hüllen fallen. Wie aufgedreht bekämpfte er im DFB-Pokalendspiel gegen Borussia Dortmund am Samstagabend alles, was sich ihm und dem VfL Wolfsburg in den Weg stellte. Und fast immer hatte das auch mit Jürgen Klopp zu tun, seinem Gegenüber von Borussia Dortmund. Verständlich war das, weil das Finale angesichts des letzten Auftritts des Dortmunders zu ausgelassenen Klopp-Festspielen zu werden drohte. Hecking hatte das gestört, die ganze Woche schon. Und wer das nicht gemerkt hatte, der bekam Nachhilfe nach dem 3:1-Finalsieg der Wolfsburger durch VfL-Tore von Luiz Gustavo (22.), Kevin de Bruyne 33.) und Bas Dost (38.).

„Es fühlt sich an wie bekloppt“, sagte Hecking, kurz nachdem die Journalisten den enttäuschten Dortmunder Trainer wortreich in seine ungewisse Zukunft entlassen hatten. Hecking trug eine Kappe, „King“ stand darauf geschrieben, er sah ziemlich dämlich aus, aber das gehörte jetzt zum bewusst ausgelassenen Siegerprogramm. Eines seiner fünf Kinder habe ihm das gute Stück am Nachmittag vor dem Spiel ins Hotel gebracht, mit dem Auftrag, sie im Erfolgsfall zu tragen. „Söhnen können Väter nichts abschlagen“, sagte Hecking und grinste, ehe Verteidiger Naldo ihm auf der PK im Bauch des Olympiastadions den Inhalt eines Weißbierglases über Kopf und Kappe schüttete. Pokalsieger, mit Wolfsburg. Champions-League-Teilnahme ohnehin. Hecking ist 50, sein Plan war, bis dahin einen Titel gewonnen zu haben. Jetzt hat er seinen ersten. „Ich bin wahnsinnig stolz darauf“, sagte er. „Das kann einen Schub geben.“

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Mit aller Macht hatten er und sein Co-Trainer Dirk Bremser das Duell mit Klopp gesucht. Sie gifteten sich an vor der Pause, mehrmals, dabei hatten die beiden einst gemeinsam in der Hessenauswahl gespielt. Man habe gegenhalten müssen, erklärte Hecking, der BVB sei dominant und Klopp wie aufgedreht gewesen. „Wir mussten es drehen“, sagte Hecking. Es gelang.

Dieser Erfolg taugt für eine Zäsur: Dortmund verlor nicht nur Klopp in dieser Nacht, vielleicht auch den Status als gefühlt erster Bayern-Verfolger — an den VfL Wolfsburg. Im Berliner Szeneclub „Schindler & Klatt“ an der Spree feierte in der Nacht allerhand Prominenz aus dem Volkswagen-Konzern mit, Vorstand Martin Winterkorn und Aufsichtsrat Francisco Javier Garcia Sanz waren da und ließen sich mit dem Pokal ablichten. Ein verschämtes Versteckspiel bei diesem Club, der eine Tochter des Konzerns ist, wird es nie geben. Man steht und wächst zusammen.

Mit einem Sonderzug reiste der Tross gestern zurück nach Wolfsburg, ein Auto-Corso durch die Stadt schloss sich an, das volle Programm wurde 30 000 Menschen geboten. Der Verein hatte nach der überragenden Meistersaison 2009 unter dem Trainer Felix Magath lange nach einem Weg zurück an die Spitze gesucht. Und war lange gescheitert. „Wir haben jetzt zweieinhalb Jahre mit Klaus Allofs und mir an der Spitze Herausragendes geleistet“, sagte Hecking, der ein funktionierendes und hocheffizientes Team gebastelt hat, in dem die Diven, wie sie einst Diego verkörperte, rar sind. Selbst der überragende Kevin de Bruyne taugt nicht zu einer solchen. Der Plan ist, den trotz Vertrags bis 2019 umworbenen Belgier noch mindestens ein weiteres Jahr zu halten. „Jetzt müssen wir wieder draufsatteln und vielleicht noch ein bisschen Qualität dazuholen“, sagte Allofs.

De Bruyne selbst wies alle Fragen nach seiner Zukunft genervt ab. Stattdessen hatte er seinen in der Winterpause bei einem Autounfall gestorbenen Freund Junior Malanda im Kopf. „Er bleibt immer bei mir“, sagte De Bruyne. Hecking hatte in der Halbzeitpause an den ehemaligen Mitspieler, dessen Trikotnummer in ein grünes Herz auf dem Trikot der Wolfsburger eingestickt war, erinnert: „Ich habe gesagt, wenn uns die Kraft ausgeht, haben wir noch einen zwölften Mann, der hilft uns. Und er hat uns geholfen.“

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