Pro und Contra: Hat eine EM 2020 in ganz Europa Sinn?

Pro von Stephan Esser

Der Fußballer Michel Platini war ein vorzüglicher Stratege und Torjäger zugleich. Beide Fähigkeiten zeichnen ihn auch als Funktionär aus. Sein Projekt eines Turniers in Europa präsentierte er im Sommer geschickt als Idee, ermöglichte so einen offen Diskurs über das Thema.

Dabei darf man vermutet, wie ernst es Platini von Beginn an mit seinem Vorhaben war. Aber ihm waren die Hände gebunden, weil er nicht die kleinen Staaten Europas, mit deren Stimme er 2007 ins Amt gehievt wurde, mit seiner großen Idee brüskieren konnte. Doch just als die EM in Polen und der Ukraine im vergangenen Sommer dem Finale zustrebte, machte er seinen Vorschlag öffentlich.

Eine Europameisterschaft in den Metroplen des Kontinentes hat ihren ganz eigenen Charme. Platini handelt aber weniger als großer Europäer, vielmehr als Pragmatiker. Er hebt das Erfolgsmodell der Champions League auf die nächsthöhere Stufe.

Mit dieser Idee Platinis geht tatsächlich etwas verloren: Die ungeheure Kraft der Identität eines Gastgeberlandes als Ort des europäischen Fußballs für drei Wochen.

Da wird man viel Folklore vermissen: die reisenden Fans, und auch das einigende Moment für eine Nation, deren Menschen im Blickfeld Europas oft zu einer gemeinsamen Identität finden. Und: Wer gesehen hat, wie sehr Polen infrastrukturell von der Europameisterschaft 2012 profitiert, Gelder akquiriert und Verkehrswege aufgebaut hat, der weiß: Ein solches Turnier ist Wegbereiter des Fortschritts eines Landes.

Das Argument Platinis, in Zeiten der Wirtschaftskrise müsse man sparen, wirkt aus seinem Munde wie Hohn: Wie die Fifa ist auch die Uefa eine Geldmaschine, die den Turnier-Gastgeber mit gigantischen Anforderungen belastet. Alles eine Nummer kleiner — und die Uefa hätte auch wieder Gastgeber-Kandidaten, die ihr passen.

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