Ermittlungen gegen DFB wegen Vorgängen ab 2000

Frankfurt/Main (dpa) - In der DFB-Affäre sucht die Frankfurter Staatsanwaltschaft einem „Spiegel“-Bericht zufolge nach Steuervergehen schon lange vor dem Sommermärchen.

Die Behörde nimmt bei ihren Ermittlungen rund um die ominöse Rückzahlung von 6,7 Millionen Euro Vorgänge ab 2000 und damit auch aus der Zeit vor der Vergabe der Fußball-WM 2006 ins Visier. Das berichtet das Nachrichtenmagazin in seiner aktuellen Ausgabe und beruft sich dabei auf den Durchsuchungsbeschluss vom 29. Oktober. Die Staatsanwaltschaft wollte den Bericht bislang nicht kommentieren.

Wie der „Spiegel“ weiter berichtet, soll der DFB dem Beschluss zufolge insgesamt Steuern in Höhe von rund 2,567 Millionen Euro hinterzogen haben. Hintergrund ist die Zahlung von 6,7 Millionen Euro aus dem Jahr 2005, die der Verband in der Steuererklärung 2006 als Betriebsausgabe geltend gemacht hat.

In der offenbar von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach 2007 unterschriebenen Steuererklärung war die Zahlung, die über die FIFA an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus gegangen sein soll, als Beitrag zum Kulturprogramm getarnt worden.

Niersbach hatte bislang stets versichert, erst in diesem Sommer vom Zusammenhang zwischen der Millionen-Überweisung und der Rückzahlung an Louis-Dreyfus erfahren zu haben. Ein Briefentwurf, den der „Spiegel“ nun veröffentlichte, soll aber belegen, dass Niersbach doch schon viel früher Kenntnis von den Absprachen hatte. Darauf lassen laut „Spiegel“ handschriftliche Vermerke auf dem Brief aus dem November 2004 schließen, die demnach wohl von Niersbach stammen.

In den Brief sind die Worte „das vereinbarte Honorar für H.L.D.“ geschrieben. „H.L.D.“ stehe demnach für Herrn Louis-Dreyfus. Autor der Notiz soll Niersbach sein, dies legen nach „Spiegel“-Angaben Vergleichsproben mit seiner Handschrift nahe. Von dem Dokument hatte das Nachrichtenmagazin seit drei Wochen berichtet, es nun aber erstmals als Faksimile veröffentlicht.

Der DFB-Chefrevisor Hans-Ludwig Meyer hat derweil mit Verwunderung auf den angeblich langen Zeitraum zwischen Testierung und Unterzeichnung der DFB-Steuererklärung mit der ominösen 6,7-Millionenzahlung reagiert. „Ich kann das nicht nachvollziehen, das ist eigentlich nicht üblich“, sagte Meyer.

Er könne zwar nur den gängigen Ablauf von heute auf die damalige Zeit projizieren, weil er im fraglichen Jahr 2007 noch nicht in der Revisionsstelle des DFB war. Aber: „Der Ablauf ist so: Bis Januar oder Februar ist der Jahresabschluss fertig, dann gebe ich ihn zum Wirtschaftsprüfungsunternehmen Rödl und Partner zum Erstellen des Testates. Und spätestens im Mai stelle ich dem Präsidium dann den Jahresabschluss vor“, erläuterte der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Fußball-Verbandes, der seit 2010 der Revisionsstelle des Verbands angehört und ihr seit 2013 vorsteht.

Warum die von der Staatsanwaltschaft monierte Steuererklärung für das Geschäftsjahr 2005 laut „Kicker“ nach ihrer abschließenden Vorlage bei der Verbandsführung im Februar 2007 neun Monate lang nicht abgegeben und erst im November von dem wenige Tage zuvor gewählten DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach unterzeichnet wurde, „kann und will“ DFB-Vorstandsmitglied Meyer nicht bewerten. Er nahm den heftig in die Kritik geratenen DFB-Präsidenten aber in Schutz. „Ich habe nach wie vor uneingeschränktes Vertrauen zu Wolfgang Niersbach.“

Niersbach selbst äußerte sich auch am Freitag, drei Tage nach der Steuerrazzia in der DFB-Zentrale und in den privaten Wohnsitzen des DFB-Präsidenten, seines Vorgängers Theo Zwanziger und des langjährigen Generalsekretärs Horst R. Schmidt, nicht. Bei der für Montag anberaumten Sondersitzung des DFB-Präsidiums wird sich der 64-Jährige aber den kritischen Fragen seiner Präsidiumskollegen stellen müssen. Zudem sei kurzfristig für den späten Nachmittag eine Konferenz der Landesverbandspräsidenten einberufen worden, berichtet die „Rheinische Post“. Auch Günter Netzer soll von den vom DFB beauftragten Ermittlern der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer bis Anfang nächster Woche befragt werden.

Formal kann das DFB-Präsidium seinen Chef zwar nicht entlassen - aber sollte die Stimmung angesichts der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kippen, wird es für Niersbach eng. Zuvor steht für Niersbach am Samstag eigentlich noch ein Besuch auf dem Sportpresseball in Frankfurt auf dem Programm.

Dass sich der angeschlagene DFB-Präsident in der Alten Open blicken lässt, ist aber unwahrscheinlich. Nachdem er zunächst zugesagt hatte, fehlt Niersbachs Name nun auf der Gästeliste. In Ballstimmung dürfte er angesichts der Affäre ohnehin nicht sein.

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