FIFA: Etwas mehr Transparenz, aber keine WM-Neuvergabe

Marrakesch (dpa) - Der Fußball-Weltverband hat sich zu ein wenig mehr Transparenz entschlossen, am Freifahrtschein für die WM-Gastgeber Russland und Katar wird aber nicht gerüttelt, stellte FIFA-Boss Joseph Blatter nach der mit Spannung erwarteten Sitzung des Exekutivkomitees in Marrakesch klar.

FIFA: Etwas mehr Transparenz, aber keine WM-Neuvergabe
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„Wir werden die Abstimmung für 2018 und 2022 nicht revidieren“, sagte Blatter und ergänzte: „Bis heute gibt es keine Gründe, zu dem Schluss zu kommen, dass unsere Entscheidungen falsch waren. Da müsste sich schon eine Katastrophe ereignen, damit die Entscheidung revidiert wird.“

Immerhin will die FIFA aber den viel diskutierten Untersuchungsbericht des zurückgetretenen Chefermittlers Michael Garcia „in angemessener Form“ veröffentlichen. Das habe das Exko einstimmig beschlossen. Zugleich spielt der Weltverband aber weiter auf Zeit. Wie Blatter betonte, könne erst eine Publizierung der hochbrisanten Akten erfolgen, wenn alle Verfahren der Ethikkommission gegen Einzelpersonen abgeschlossen sind.

Das kann sich aber noch hinziehen, da die beschuldigten Personen, die im Zuge der WM-Vergabe gegen den Ethikcode verstoßen haben sollen, bei einer möglichen Strafe noch vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen können.

Auch sonst verzichtete die FIFA auf einschneidende Maßnahmen. Blatter und der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger sollen Gespräche mit den politischen Entscheidungsträgern in Katar wegen der Einhaltung der Menschenrechte führen. Dabei geht es um eine unabhängige Kommission, die regelmäßig auf den WM-Baustellen die Menschenrechtssituation und die Fortschritte kontrollieren soll. Von einer Art Ultimatum, wie es Zwanziger angeregt hatte, war keine Rede mehr.

Für Blatter waren die Ergebnisse Grund genug, die schlagzeilenträchtige Skandalzeit beim Fußball-Weltverband für beendet zu erklären. „Wir sind in einer Krise gewesen“, räumte der 78 Jahre alte Schweizer ein. „Die Krise ist gestoppt, weil wir wieder die Einigkeit in unsere Führung haben.“ Vor allem aber hat Blatter Zeit gewonnen, was ihm mit Blick auf seine mögliche Wiederwahl im Mai 2015 in die Karten spielen könnte.

In den letzten Tagen war die FIFA schwer unter Druck geraten, nachdem Chefermittler Michael Garcia frustriert zurückgetreten war. Der frühere US-Staatsanwalt wähnte seinen 430 Seiten langen Report falsch interpretiert. So hatte der deutsche Richter Hans-Joachim Eckert als Vorsitzender der rechtssprechenden Kammer nach Durchsicht der Akten „keine gravierenden Verstöße“ bei den WM-Vergaben festgestellt, was weltweit Verwunderung ausgelöst hatte. Zum Nachfolger von Garcia wurde der Schweizer Anwalt Cornel Borbély benannt.

Als Zeichen der Transparenz soll der Garcia-Report nun doch publiziert werden. „Auch wenn wir enttäuscht sind, dass unsere Arbeit mit Herrn Garcia auf diese Weise zu Ende gegangen ist, möchte ich klarstellen, dass unser Bekenntnis zu ethischen Standards stärker ist als je zuvor“, erklärte Blatter in einer Mitteilung. Unabhängige Experten und die Ethikkomission seien bereits dabei, den Auswahlprozess zu überarbeiten, „so dass jeder zuversichtlich sein kann, dass der „Bewerbungsablauf für 2026 fair, ethisch und offen sein wird“. Zwei WM-Vergaben an einem Tag, wie im Dezember 2010 geschehen, soll es jedenfalls nicht mehr geben.

An dem Beschluss, Russland 2018 und Katar 2022 die WM-Endrunden zu geben, ändert sich aber nichts mehr. Blatters Sicht: Der Garcia-Report befasse sich mit der Vergangenheit, „und ich konzentriere mich auf die Zukunft“. Es gebe auch keine rechtlichen Gründe, den Vergabeprozess zu wiederholen, meinte Blatter und berief sich dabei auf die Einschätzungen des Vorsitzenden der FIFA Audit und Compliance Kommission, Domenico Scala. In dessen Bericht floss wiederum auch ein Gutachten des Sportrechtsexperten Professor Martin Nolte von der Deutschen Sporthochschule in Köln ein.

Darin heißt es, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt und Erkenntnisstand „die Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees die ihnen obliegende Sorgfaltspflicht verletzen würden, wenn sie einen oder beide der Vergabebeschlüsse widerrufen würden“. Nur wenn neue Beweise auftauchen sollten, die belegten, dass die Vergabe irregulär gewesen sei, könne eine Neuvergabe noch einmal in Betracht gezogen werden, betonte Blatter.

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