Casillas nur Ersatz: Provoziert Mourinho den Rauswurf?

Madrid (dpa) - Bei Real Madrid brennt der Baum: Zwei Tage vor Heiligabend hat Trainer José Mourinho den Weltklassetorwart Iker Casillas zum Ersatzmann degradiert und sich mit einem Heiligtum des spanischen Fußballrekordmeisters angelegt.

Der überraschende Schachzug ging nach hinten los: Die „Königlichen“ verloren beim FC Málaga 2:3 und liegen nun schon 16 Punkte hinter dem Tabellenführer FC Barcelona zurück. „Dieser Rückstand ist nicht mehr aufholbar“, räumte der Real-Trainer kleinlaut ein. Die Katalanen gewannen bei Real Valladolid 3:1 und sicherten sich zwei Spieltage vor Ende der Hinrunde den inoffiziellen Titel des Wintermeisters.

Die Verbannung des Welt- und Europameisters Casillas auf die Ersatzbank löste bei den Real-Fans Empörung aus. Nach einer Umfrage des Madrider Sportblatts „Marca“ forderten 82 Prozent der Leser die Entlassung des Trainers. Casillas gilt als ein Wahrzeichen des Vereins. Der Kapitän hatte mit seinen Paraden sich den Beinamen „San Iker“ (Heiliger Iker) verdient. Seit der damalige Trainer Vicente del Bosque ihn 2002 zum Stammkeeper machte, fehlte Casillas in praktisch keinem wichtigen Punktspiel.

„Dies war eine rein taktische Entscheidung“, rechtfertigte sich Mourinho. „Antonio Adán ist derzeit besser als Casillas.“ Diese Erklärung nahm in Spanien jedoch niemand dem Portugiesen ab. Die meisten Fans - laut Sportblatt „As“ 93 Prozent - glaubten, dass der Coach seinen Hinauswurf provozieren will. Reals früherer Generaldirektor Jorge Valdano hat eine andere Erklärung: „Das ist eine Frage der Macht.“ Mourinho hat zur Festigung seiner Machtposition bei Real schon eine Reihe von Leuten kaltstellen lassen. Dazu gehören neben Valdano der Ex-Star Zinédine Zidane, der Mannschaftsarzt oder der Koch.

Nach dem Affront gegen Casillas gilt in Madrid ein baldiger Trainerwechsel nicht mehr als ausgeschlossen. Bisher war angesichts des schlechten Abschneidens des Titelverteidigers in der Primera División allenfalls über eine mögliche Ablösung Mourinhos zum Saisonende spekuliert worden. Eine sofortige Entlassung galt als undenkbar, da Real keinen „Plan B“ parat hat. Mourinho selbst, der sein 400. Spiel auf der Trainerbank bestritt, will von einem Rücktritt nichts wissen. „Daran denke ich nicht, weder vor noch nach dem Spiel in Málaga“, sagte er.

Anders als Real kann der FC Barcelona sich auf ein ruhiges Weihnachtsfest freuen. Die Katalanen gewannen in Valladolid auch ohne ihren Trainer Tito Vilanova, der sich von einer Krebsoperation erholt. Torjäger Lionel Messi steuerte einen der drei Treffer zum 3:1-Sieg bei und schraubte seinen Rekord auf 91 Tore im Kalenderjahr 2012, sechs mehr als Gerd Müller in seinem Rekordjahr 1972.

Vilanova hatte kurz vor dem Anpfiff das Krankenhaus verlassen und nach Hause zurückkehren können. Von dort sprach er mit seinem Vertreter Jordi Roura die Aufstellung und mögliche Auswechslungen telefonisch ab.

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