Hängepartie bei Real Madrid: Mourinho weiter im Amt

Madrid (dpa) - Was tun mit Trainer José Mourinho? Der Präsident von Real Madrid, Florentino Pérez, steht vor einer der schwersten Entscheidungen seiner Amtszeit.

Die Anhänger des spanischen Fußballmeisters - nach einer Umfrage des Sportblatts „Marca“ mehr als 80 Prozent - verlangen die sofortige Entlassung des Portugiesen. Der Trainer hat bei den „Königlichen“ fast alle gegen sich aufgebracht: Offizielle, Spieler und zuletzt - mit der Degradierung der Torhüter-Ikone Iker Casillas zum Ersatzmann - auch die Fans.

Die Ära Mourinhos in Madrid scheint unaufhaltsam dem Ende entgegenzugehen, aber der Real-Clubchef scheut davor zurück, einen Schlussstrich zu ziehen. Pérez machte sich über die Weihnachtstage auf eine Geschäftsreise nach China. Dort kann er Abstand gewinnen und über seine Entscheidung nachdenken. Alles deutet darauf hin, dass er den Portugiesen vorerst nicht entlassen wird. „Mou wird nicht angetastet“, zitierte die Zeitung „El Mundo“ Vereinskreise. „Der Präsident wird bis zum Saisonende hinter dem Trainer stehen.“

Dabei sind die Aussichten für die kommenden Wochen alles andere als rosig: In der spanischen Liga sind bei einem Rückstand von 16 Punkten auf den Tabellenführer FC Barcelona die Chancen für eine Titelverteidigung praktisch gleich null; im Pokal muss Real gegen den Aufsteiger Celta de Vigo eine 1:2-Hinspielniederlage wettmachen; und in der Champions League geht es im Achtelfinale gegen keinen Geringeren als Manchester United.

Der Real-Präsident hat für sein Festhalten an dem unbeliebten Trainer gute Gründe. Pérez hatte das gesamte Programm seiner Amtszeit auf Mourinho aufgebaut. Er hatte dem Portugiesen Machtbefugnisse gegeben, wie sie noch nie ein Trainer bei Real gehabt hatte. Mit einer Entlassung würde Pérez indirekt sein eigenes Scheitern eingestehen. Zudem müsste Real dem Trainer, dessen Vertrag noch bis 2016 läuft, eine Abfindung zahlen, deren Höhe in der Presse auf 10 bis 20 Millionen Euro beziffert wird. Schließlich ist ein potenzieller Nachfolger nicht in Sicht.

Der Absturz der Madrilenen in die Krise kam ziemlich überraschend. Zu Saisonbeginn schien niemand in Spanien dem Mourinho-Team die Vorherrschaft streitig machen zu können: Real hatte in der Vorsaison den Titel mit der Rekordzahl von 100 Punkten gewonnen, bei Barça ging der Erfolgstrainer Josep Guardiola weg, und im August bezwangen die Madrilenen ihre katalanischen Rivalen im Supercup. Aber dann patzte Real in vermeintlich leichten Spielen, der Trainer brüskierte Profis wie Mesut Özil oder Sergio Ramos, und das Team verlor seine spielerische Linie. Das Sportblatt „As“ beschrieb die Spielweise kürzlich so: „Zu Beginn eines Spiels herrscht bei Real Verwirrung und am Ende reines Chaos.“

Die Fans ließen Mourinho in ihren Benotungen glatt durchfallen. Sie gaben dem Coach im Sportblatt „Marca“ auf einer Skala zwischen 10 und 0 nur die Note 3,5, die zweitschlechteste im gesamten Kader. Die besten Zensuren bekamen Casillas und Verteidiger Ramos (beide 6,9), vor Cristiano Ronaldo (6,6). Der deutsche Nationalspieler Özil teilt sich mit Karim Benzema (beide 6,0) den sechsten Rang, Sami Khedira kam mit Marcelo (beide 5,3) auf den zehnten Platz.

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