„Meine Heimat ist die Welt“: Otto Pfister wird 75

Paris (dpa) - In 20 Ländern hat Otto Pfister als Fußballtrainer gearbeitet - nur nicht in Deutschland. Sein Herz verlor er früh an Afrika, nun hofft er auf einen weiteren Job in Trinidad und Tobago.

Dort „fliegen die Papageien auf'm Balkon rum“, sagt er vor seinem 75. Geburtstag.

Wer den gebürtigen Kölner Otto Pfister an seinem Schweizer Wohnsitz anruft, kann auch schon mal in Paris landen. In die französische Hauptstadt lässt der Fußballtrainer seine Anrufe umleiten, wenn er dort bei seinem Sohn Mike ist. Auch wenn er gerade mal wieder nach Trinidad fliegt, muss seine Frau Berta im eidgenössischen Bad Ragaz ohne den einstigen „Trainer des Jahres in Afrika“ auskommen. Der Weltenbummler, der bei der WM 2006 Coach von Togo war, ist auch im hohen Alter noch umtriebig wie eh und je. An diesem Samstag wird Pfister 75 Jahre alt.

Ein großes Fest wird es nicht geben. „Ich habe praktisch nie einen Geburtstag gefeiert. Ich war ja ewig im Ausland: in Afrika, in Asien oder in der Karibik“, erklärt der Wahl-Schweizer, der seine Karriere als Spielertrainer beim FC Vaduz in Liechtenstein begann. Für einen deutschen Verein hat er aber nie gearbeitet. „Ich kann nur in der bunten Welt leben“, meint er dazu. „Zweite oder dritte Liga fände ich tödlich. Wenn ich in den Kalender schauen und sehen würde: Im April habe ich ein Pokalspiel in Rostock. Das wär' nix für mich.“

So feierte Erfolge in der Ferne; 1991 wurde er mit Ghanas U-17-Auswahl, in der auch der frühere Bayern-Profi Sammy Kuffour spielte, Weltmeister. Mit den Nationalteams von Ghana (1992) und Kamerun (2008) stand er jeweils im Finale des Afrika-Cups. Den Pokal der Pokalsieger Afrikas gewann er mit dem ägyptischen Club Zamalek Kairo (2000). Saudi-Arabien führte er zur WM 1998, wurde aber vor dem Turnier abgelöst. Dennoch hat es Pfister in dem vorderasiatischen Land sehr gut gefallen. „Da war jeder Tag ein Erlebnis, als wenn man ein Abenteuerbuch von Karl May aufschlägt.“

Auch nachdem er im vergangenen Jahr mit Trinidad und Tobago in der Qualifikation zur WM 2014 gescheitert ist, denkt er nicht an Ruhestand. Stattdessen hofft er auf einen neuen Vertrag in dem Karibik-Staat. „Trainer zu sein ist eine Passion, ohne Fußball fühle ich mich nicht wohl“, sagt er. Heimat im engeren Sinne kennt er nicht. „Meine Heimat ist die Welt, sie ist da, wo ich gerade bin.“ In 20 Ländern arbeitete er insgesamt, in zehn davon in Afrika.

Seit er 1972 nach Ruanda gegangen war, um dort als Nationaltrainer Aufbauarbeit zu leisten, ließ ihn der schwarze Kontinent nicht mehr los. Das Wetter, die Menschen - und der Fußball. Besonders mochte er Ghana. Wenn Pfister zwischen seinen Jobs in die Schweiz kam, hatte er Probleme mit dem im Unterschied zu Afrika „total Organisierten“, sagte er in einem DFB-Interview. „Ohne Ende Bußgelder“ wegen zu schnellen Fahrens und Falschparkens habe er kassiert.

Ärger gab es 2006 mit Togo: Wenige Tage vor WM-Beginn in Deutschland trat er als Coach zurück, weil der Verband den Spielern um Stürmer Emmanuel Adebayor Prämien nicht gezahlt hatte, saß dann aber wieder auf der Bank und schied in der Vorrunde aus. Die WM im Geburtsland sei „etwas Spezielles“ gewesen, erinnert er sich.

Beeindruckt war er immer davon, wie mental stark afrikanische Spieler sind, und führt das auf die oft schwierigen Lebensumstände zurück. „Sie neigen nicht so sehr zur Demoralisierung oder Euphorie wie wir Deutschen.“ Als Pfister nach dem mit Kamerun verlorenen Afrika-Cup-Finale traurig in seinem Hotelzimmer saß, habe ihn Stürmerstar Samuel Eto'o wieder aufgebaut. „Trainer, wenn Du in so einer Scheiße wie ich groß geworden bist, macht Dir ein verlorenes Fußballspiel überhaupt nichts mehr aus“, sagte Eto'o und lachte.

Über seine Erfahrungen will Pfister nun ein Buch schreiben. Sein Erfolgsrezept beschreibt er so: „Ich arrangiere mich mit den Schlüsselspielern, und dann hat es sich.“ Der Fußball-Lehrer will sein Können bald wieder in Trinidad zeigen. Wie es dort so ist? „Morgens kommt ein tropischer Regen und dann fliegen die Papageien auf'm Balkon rum.“ Wer will da schon in Rente gehen?

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