Portugal berauscht: „Ode an die Freude“

Lissabon (dpa) - Kaum war die EM-Qualifikation im Nachsitzen geschafft, redete Portugals Legende Luis Figo bereits vom Titel. Mit einer Galavorstellung im Playoff-Rückspiel sicherten Cristiano Ronaldo & Co. beim 6:2-Heimsieg über Bosnien-Herzegowina die fünfte EM-Teilnahme in Folge.

Mitten im Spiel standen viele Fans auf und sangen spontan die Nationalhymne. „Die Portugiesen dürfen träumen“, versprach der lange umstrittene Nationaltrainer Paulo Bento euphorisch. Rekordnationalspieler Figo tönte: „Portugal kann die EM gewinnen“. Dabei waren die Portugiesen so skeptisch gewesen. Nur 45 000 Fans wollten in Lissabons Estadio da Luz Ronaldo und den angekündigten Playoff-Krimi gegen Bosnien sehen. Mehr als 20 000 Plätze blieben unbesetzt. Nach der trostlosen Nullnummer im Hinspiel drehten die Portugiesen vor eigenem Publikum aber groß auf. Die Sportzeitung „Record“ titelte groß auf Seite eins: „Ode an die Freude“.

Ronaldo, in der Heimat wegen seiner Allüren oft kritisiert, blieb in der Stunde des Erfolgs ungewöhnlich bescheiden. „Ein Sieg war Pflicht, nun müssen wir weiter an uns arbeiten“, sagte der 26 Jahre alte Kapitän. Der Superstar von Real Madrid steuerte zwei sehenswerte Tore (8./53.) zum rauschenden Fußball-Fest bei. Die magereren Ergebnisse zu Beginn der Qualifikation und sämtliche Affären in der „Selecção“ waren nach den 90 Minuten von Lissabon vergessen.

Einen Seitenhieb in Richtung Ex-Coach Carlos Queiroz, unter dem Portugal mit einem peinlichen 4:4 daheim gegen Zypern und einer 0:1-Schlappe gegen Norwegen in die EM-Quali gestartet war, erlaubte sich Ronaldo aber doch: „Der neue Trainer hat eine neue Mentalität gebracht. Glückwunsch an Bento“. Mit seinen Toren 31 und 32, dem fünften „Doppelpack“ im roten Nationaltrikot, zog Ronaldo im 87. Länderspiel mit Luis Figo gleich, mit dem er nun Platz drei hinter Pauleta (47) und Eusebio (41) belegt. „Merci Ronaldo“, bedankte sich sogar die französische Sportzeitung „L'Équipe“ auf Seite eins.

Nach dem 0:0 im Hinspiel trafen neben Ronaldo auch Nani (24.), Helder Postiga (72., 82.) und Miguel Veloso (80.). Der Ex-Wolfsburger Zvjezdan Misimovic per Handelfmeter (41.) und Kapitän Emir Spahic (65.) hatten für Bosnien zweimal verkürzt. Der Ex-Wolfsburger Edin Dzeko sah gegen Pepe wie im Hinspiel dagegen kaum einen Stich. Bosnien war schon in den Playoffs zur WM 2010 an Portugal gescheitert.

Für die Portugiesen kam die Zaubernacht genau zum richtigen Zeitpunkt. Die seriöse Zeitung „Público“ stellt fest: „Die Arbeits- und Hoffnungslosigkeit sind vorübergehend vergessen“. Die WM 1998 in Frankreich war das letzte große Turnier, das Portugal verpasst hat. Nun soll nach dem zweiten EM-Platz 2004 vor eigenem Publikum der erste große Titel her. Das Blatt „O Jogo“ nahm deshalb gleich Trainer Bento in die Pflicht, der im Streit schon zwei Stars (Carvalho und Bosingwa) ausgebootet hat: „Er muss sicherstellen, dass Ronaldo nicht wieder in unnötigem Unfug untergeht, Ronaldo war in der Nationalelf oft eine Null“.

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