Löw wehrt sich: „Haben die Dinge absolut im Griff“

Berlin (dpa) - Joachim Löws Signal ist klar und deutlich: „Wir haben die Dinge absolut im Griff“, beruhigte der Bundestrainer bei seinem ersten Fernsehauftritt nach dem besorgniserregenden 4:4 gegen Schweden die deutsche Fußball-Nation.

Ratlosigkeit? Fehlende Flexibilität? Kein Plan B? „Dem möchte ich widersprechen. Wir hatten in vielen Spielen Dominanz und Lösungen“, entgegnete Joachim Löw im „ZDF-Sportstudio“ seinen Kritikern.

Der Bundestrainer geht mit einer Mischung aus Demut und neuer Kampfeslust in die Offensive - und plötzlich hält er sich sogar eine Fortsetzung seiner Amtszeit über die kommende WM in Brasilien hinaus offen. „Ich habe nie gesagt, dass ich 2014 aufhöre“, sagte Löw der „Bild“ und ergänzte: „Kraft und Motivation sind unverändert groß. Daran ändern auch einige Rückschläge nichts.“ Offenbar möchte der Freiburger ein Letzte-Chance-Szenario entschärfen, das ihn und sein Team auf dem Weg zum nächsten Titelanlauf lähmen könnte.

„Ich bin wieder bei voller Energie“, teilte der Chefcoach der Nationalmannschaft dem schwarz-rot-goldenem Anhang mit und wehrte sich gegen Kritiken, die sich nach dem selbst verschuldeten Halbfinal-Aus bei der Europameisterschaft in diesem Sommer gegen Italien und nach dem historischen 4:4 jüngst in der WM-Qualifikation gegen Schweden aufgebaut hatten. „Wir sind immer in der Lage, zu reagieren“, unterstrich Löw und punktete mit Eingeständnissen beim Publikum im Sportstudio. „Ich habe auch in guten Zeiten den Boden nicht unter den Füßen verloren“, meinte der 52-Jährige.

Zugleich unterstrich der Bundestrainer erneut seine Philosophie, nicht alles ausschließlich an Titeln festmachen zu wollen. „Wir haben mittlerweile eine sehr gute Spielkultur. Wir haben den Fans unheimlich viel Freunde bereitet, nicht nur durch schönes Spielen, sondern auch durch Siege“, betonte Löw. Auch auf der DFB-Homepage wurde die Botschaft des Trainers verbreitet: „Zu dieser Philosophie stehe ich, zu dieser Angriffsphilosophie gibt es keine Alternative. Die Kraft nach vorne wollen wir behalten.“ Allerdings räumte er auch ein: „Wir sind noch nicht so resistent gegen Unwägbarkeiten.“

Es seien allerdings nur Kleinigkeiten, die Löw für verbesserungswürdig hält: „Wir müssen die Balance schaffen, das können die ganz überragenden Mannschaften.“ Am attraktiven Offensivkonzept will der Auswahl-Chef festhalten. Dass er derzeit dem größten Gegenwind ausgesetzt ist, seit er 2006 von Jürgen Klinsmann den in Deutschland stets mit Argusaugen beobachteten Posten übernommen hat, will Löw nicht überbewerten. „Ich weiß, wie die Mechanismen in dem Geschäft sind“, sagte er: „Von dem muss man sich irgendwie freimachen als Trainer.“

Der Rückendeckung des Deutschen Fußball-Bundes, der laut Präsident Wolfgang Niersbach weiter „kerzengerade“ hinter der in seinen Augen optimalen Lösung Löw steht, kann sich der Bundestrainer sicher sein. „Ich bin seit 2004 beim DFB, wir kennen uns alle sehr gut“, sagte Löw und kündigte nun zu „gegebener Zeit“ sogar „ein Tendenzgespräch“ über seine Zukunft an, „aber in aller Ruhe“. Derzeit stehe eine mögliche Vertragsverlängerung allerdings „nicht zur Debatte“, betonte Löw.

Vor der jüngsten EM hatten der DFB und Löw schon frühzeitig eine Zusammenarbeit bis 2014 geklärt. Viele Experten sind davon ausgegangen, dass dies die letzte Periode des Badeners sein würde - und damit die letzte Titelchance. „Ich habe das nie gesagt“, wiederholte Löw nun: „Oder kennen Sie eine solche Aussage?“ Seine Motivation habe ohnehin nichts mit einem Vertrag zu tun: „Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Spieler stört, dass ich derzeit nur einen Vertrag bis 2014 habe“, erklärte der DFB-Chefcoach.

„Es hat nicht zur Perfektion und zu einem Titel gereicht. Aber man hat gesehen, dass wir fußballerisch mit den Besten mithalten können. Das halte ich schon auch für wahnsinnig positiv“, hatte Löw in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa unterstrichen. Jetzt verwies er nochmals auf 25 Qualifikationsspiele ohne Niederlage - mit 22 Siegen. Mit den vielen Siegen sei der Druck immer weiter gestiegen.

„Wenn wir noch ein bisschen cleverer werden, sind wir eine unheimlich starke Mannschaft und haben 2014 alle Chancen, ganz klar“, bemerkte Löw. Der Bundestrainer weiß aber auch: „Es ist nicht selbstverständlich, 2014 Weltmeister zu werden. Aber das macht mir keine Angst. Weil ich ja sehe, was die Mannschaft zu leisten vermag.“

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