Schweden kann kommen - DFB-Team befreit vom EM-Ballast

Berlin (dpa) - Schweden kann kommen! Die sechs Tore gegen Irland haben rund um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft einen Stimmungsumschwung ausgelöst.

Bei der Kraftprobe mit Super-Stürmer Zlatan Ibrahimovic wollen sich Bundestrainer Joachim Löw und seine Jungs nun endgültig vom EM-Ballast befreien. „Wenn wir das Spiel gewinnen können, wäre es ein guter Abschluss für das Pflichtspieljahr 2012 und diese Qualifikation bislang. Zwölf Punkte, das wäre klasse“, sagte Löw, der vom eindrucksvollen 6:1-Erfolg in Dublin allein wegen einer Erkältung verschnupft nach Deutschland heimkehrte.

Die Wiederentdeckung der Spielfreude gegen Giovanni Trapattonis „Grüne Jungs“ wirkte nach den aufgeregten Debatten um Hierarchien, Teamgeist und Forderungen nach einem härteren Umgang von Löw mit seinen Spielern wie eine Befreiung. „Wir haben ein Zeichen an die Welt und an Europa gesetzt“, tönte Doppel-Torschütze Marco Reus im Rausch des Schützenfestes gegen einen hilflosen Gegner. „Ich werte dieses Spiele als wunderbare Bestätigung dafür, dass wir eine klasse Mannschaft haben“, schwärmte auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.

Die Tor-Gala war aber nur ein Warm-up für den Kampf um die Gruppen-Hoheit am Dienstag. „Irland darf nicht der Maßstab sein für uns. Wir haben es gut ausgenutzt, aber Schweden wird deutlich schwerer“, sagte der ebenfalls zweifache Torschütze Toni Kroos, der im Berliner Olympiastadion den angeschlagenen Sami Khedira anders als in Dublin gleich von Anfang an ersetzen könnte.

Khedira fehlte auch am Sonntag beim ersten Training in Berlin, an dem die übrigen 19 Spieler mit Spaß und Ehrgeiz dabei waren. Neben dem erkälteten Löw war auch der Dortmunder Mario Götze nach seiner Pause in Irland wegen muskulärer Probleme wieder dabei. Löw wird mindestens eine Position verändern, denn Philipp Lahm kehrt nach seiner Gelb-Sperre in die Abwehr zurück. Der Kapitän will gegen „einen gefährlichen Gegner die nächsten drei Punkte einfahren“.

Als großer Mahner trat nach dem 13. Qualifikationssieg in Serie Oliver Bierhoff auf. „Schweden kann man sicherlich nicht mit den Iren vergleichen“, meinte der Teammanager. Drei Siege, 11:2 Tore und die Tabellenführung vor den Skandinaviern (6 Punkte) sollten nicht zu falschen Schlüssen verleiten. „Wir dürfen jetzt in der Euphorie auch nicht einfach umschwenken und sagen, es ist alles beiseitegelegt. Wir wissen, es wird ein schweres Stück Arbeit gegen Schweden.“ Bierhoff ist aber guten Mutes: „Ich bin überzeugt, dass wir nachlegen.“

Zumal die Schweden bei ihrer Generalprobe keine Furcht auslösen konnten. Im Gegensatz zum DFB-Team quälte sich der härteste Konkurrent um das einzige Direkt-Ticket zur WM 2014 in Brasilien dank Matchwinner Ibrahimovic zu einem 2:1 beim Fußball-Zwerg Färöer.

Anders das deutsche Team. Das muntere Toreschießen gegen Trapattonis „Grüne Jungs“, an dem sich neben dem immer wertvolleren Reus sowie Kroos noch Mesut Özil (Foulelfmeter) und Miroslav Klose mit seinem 65. Länderspieltreffer beteiligten, wirkte wie ein Ventil. Der Überdruck der vergangenen Wochen und Monate entwich. Gelassen konnte Löw nach seinem 60. Sieg als Bundestrainer die auch an ihm aufgekommenen Zweifel seit dem EM-K.o. gegen Italien kommentieren. „In sechs oder sieben Jahren Amtszeit ist es normal, dass man schwierige Phasen durchmacht“, meinte der 52-Jährige.

Die Störgeräusche hatten aber auch das Nervenkostüm des Bundestrainers angegriffen. Seine Kritik an Marcel Schmelzer am Tag vor dem Spiel sorgte für Unruhe und Erstaunen. Der Dortmunder Außenverteidiger antwortete unter Druck mit Power auf dem Spielfeld. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich meine Leistung abrufen konnte“, sagte der 23-Jährige glücklich. „Marcel hat gut gespielt. Er hat seine Aufgabe absolut erfüllt“, lobte Löw den BVB-Profi, der auf der Problemposition hinten links weiter auf Bewährung spielt.

Löw bewertete den Leistungssprung nach den mäßigen Auftritten zum Start der WM-Qualifikation gegen die Färöer (3:0) und in Österreich (2:1) als Produkt konzentrierter Trainingsarbeit. „Die Mannschaft hat die Präsenz, die Ausstrahlung, die Körpersprache gezeigt, das Spiel unbedingt gewinnen zu wollen“, lobte der Bundestrainer.

Auch die interne Reibung, die etwa Bastian Schweinsteiger mit kritische Anmerkungen zum Teamgeist erzeugt hatte, scheint neben einem verschärften Konkurrenzkampf leistungsfördernd zu wirken. Der stellvertretende Kapitän will sich nicht um den Friedensnobelpreis für die harmonischste Mannschaft bewerben, sondern endlich einen Pokal in Händen halten. „Wir sind insgesamt auf einem sehr guten Weg. Aber wir müssen den einen Schritt mehr gehen, um Titel zu gewinnen“, verdeutlichte Schweinsteiger: „Wir müssen an jedem kleinen Rad gut sein, um die großen Spanier auch mal zu schlagen.“ Auf dem Weg dahin sind aber zunächst die Schweden an der Reihe.

Die voraussichtliche deutsche Aufstellung:

Neuer - Lahm, Mertesacker, Badstuber, Schmelzer - Schweinsteiger, Kroos - Müller, Özil, Reus - Klose

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