WM 2006 Niersbach - allein auf weiter Flur

DFB-Chef Wolfgang Niersbach hat mit seinen Erklärungen zu der Zahlung von 6,7 Millionen Euro an die Fifa neue Fragen aufgeworfen.

Wolfgang Niersbach hat sich am Donnerstag an einer Erklärung zu den Millionen-Zahlungen an die Fifa versucht.

Wolfgang Niersbach hat sich am Donnerstag an einer Erklärung zu den Millionen-Zahlungen an die Fifa versucht.

Foto: Alexander Heinl

Frankfurt. Wolfgang Niersbach wirkt angespannt. Als der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes am Donnerstag den Sepp Herberger Tagungsraum 4 in der Frankfurter Verbandszentrale betritt, weist er die Fotografen auf Abstand. Die tiefen Ringe unter seinen Augen sind aber auch aus der Entfernung nicht zu übersehen. Niersbach durchlebt schwere Tage. „Ich zermartere mir auch den Kopf, seitdem das in der Welt ist“, sagt Niersbach.

Gemeint sind die ominösen 6,7 Millionen Euro gemeint, die der „Spiegel“ zutage geführt hat und mit denen angeblich die Fußball-WM 2006 nach Deutschland geholt worden sein soll. Das wiederum weist Niersbach bei seiner überstürzt einberufenen Pressekonferenz erneut am Donnerstag zurück. „Das Sommermärchen war ein Sommermärchen und es bleibt ein Sommermärchen“, sagt er. Aber zu viele Antworten, die das untermauern könnten, lässt er aus.

Nach der Fifa-Sitzung in Zürich war der 64-Jährige am Dienstag zu Franz Beckenbauer, dem strahlenden Gesicht der WM 2006, geeilt. Weil er in Salzburg erfahren will, was dieser über die dubiosen Vorgänge von damals weiß. Was Niersbach von seinem damaligen WM-OK-Kollegen Beckenbauer über die Zustände aus 2002 hört, dürfte ihn nicht beruhigt haben:

Der DFB wollte im Januar 2002 einen dreistelligen Millionenzuschuss von der Fifa für die WM 2006, wie ihn auch Japan und Südkorea als Veranstalter des Turniers 2002 bekommen hatten. Der Weltverband sagt diesen auch zu, verlangt als Gegenleistung aber erst einmal eine Zahlung von zehn Millionen Schweizer Franken, umgerechnet 6,7 Millionen Euro. Komische, dubiose, unschöne große Fußball-Welt.

Doch es wird noch bizarrer: Weil das deutsche WM-OK zu diesem Zeitpunkt noch nicht über die nötigen Gelder verfügt, will Beckenbauer mit seinem Privatvermögen einspringen. Sein Berater Robert Schwan rät davon ab, bringt aber Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus ins Gespräch. Beckenbauer und Blatter klären die Details unter vier Augen. Milliardär Dreyfus überweist die geforderte Summe an die Fifa-Finanzkommission. Der DFB erhält daraufhin den Zuschuss. Niersbach selbst habe von den Details nichts gewusst, beteuert der DFB-Boss am Donnerstag.

Was Niersbach weiß, ist, dass Dreyfus das Geld 2005 habe zurückhaben wollen. Eigentlich wäre dafür die Fifa zuständig gewesen, die das Geld damals ja auch erhalten hatte. Doch weil das WM-OK nun über eine volle Kasse verfügt, fordert der Weltverband den DFB auf, die Schuld zu begleichen. Das tut dieser unter dem Decknamen „WM-Kulturprogramm“. Die Fifa erhält also zweimal Geld, ob sie es tatsächlich an den Adidas-Chef weitergeleitet hat, „entzieht sich meiner Kenntnis“.

Wie Niersbach da vorne im Raum sitzt, sich immer wieder verhaspelt, hat man den Eindruck, als könne der DFB-Präsident selbst nicht ganz glauben, was er da berichtet. „Da sind schon noch ein paar Fragen offen“, räumt er ein. Korruption habe es weder in der Bewerbungsphase noch danach im Zusammenhang mit der WM 2006 gegeben, versichert er zwar wiederholt. Doch so recht glauben mag das kaum jemand.

Hilfe von den übrigen OK-Mitgliedern erhält Niersbach nicht. Beckenbauer schweigt beharrlich wie Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger, der sich erst nach seinem Urlaub äußern will. Andere Protagonisten wie Schwan oder Louis-Dreyfus leben nicht mehr.

Ob er sich nicht ein wenig im Stich gelassen fühle von seinen alten Weggefährten? Niersbach zuckt resigniert die Schultern, sagen möchte er dazu nichts. Als er den Raum verlässt, wirkt er fast erleichtert. Aufgeklärt hat er aber nur wenig. Das Thema wird Niersbach weiter verfolgen. Schon heute, wenn das DFB-Präsidium in Dortmund zusammenkommt, um das WM-Museum zu eröffnen. Mit ganz viel Sommermärchen 2006.

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