Stadien: Hohe Preise vergraulen Fans

In den modernen Arenen fühlen sich die finanzschwachen Anhänger an den Rand gedrängt.

Düsseldorf. Am vergangenen Wochenende hatte das Warten ein Ende. Nach 33 Tagen Winterpause durften die Fußballfans endlich wieder reisen. Auch aus Dortmund machten sich wieder Tausende auf den rund 350 Kilometer langen Weg nach Hamburg, um ihren BVB zu unterstützen. Doch nicht alle waren gekommen, um das Spiel wirklich im Stadion zu sehen. Rund 700 BVB-Fans nahmen die stundenlange Reise auf sich, um — am Stadion angekommen — draußen zu bleiben. Unter dem Motto „Kein Zwanni für nen Steher“ protestierten sie gegen die immer höher werden Eintrittspreise und verfolgten den 5:1-Sieg der Klopp-Truppe am Radio.

Wer weiß, was Auswärtsfahrer alle zwei Wochen auf sich nehmen, um jedes Spiel ihrer Mannschaft zu sehen, kann erahnen, welches Opfer die Dortmunder da brachten. Die Initiative sprach in einer Stellungnahme von einem „merkwürdigen Gefühl, vor einem Stadion zu stehen, während drinnen Borussia spielt“. Merkwürdig ja, aber gleichzeitig „gut und richtig“. Man habe ein „für alle sichtbares Zeichen“ gesetzt, „dass Fans bereit sind, für Ihre Sache gemeinsam und solidarisch einzustehen“.

Vor allem Fans der Münchener Bayern hat es hart getroffen, garantiert das Starensemble von der Säbener Straße bei seinen Gastspielen doch jedem Verein ein volles Haus. Topzuschläge von bis zu 20 Prozent sind für Spiele gegen den Rekordmeister nichts Neues. Und auch in der heimischen Arena ist ein Fußballspiel des FC Bayern kein kostengünstiges Vergnügen. „Fußball ist kein Volkssport mehr“, heißt es deswegen aus Kreisen der aktiven Fans.

Seitdem die Stadien für die WM 2006 modernisiert wurden und der Fußball endgültig im Unterhaltungsbetrieb angekommen ist, bleiben einkommensschwache Zuschauer zunehmend draußen. In England, wo Preise jenseits der 80 Euro für ein gewöhnliches Ligaspiel an der Tagesordnung sind, ist Fußball längst ein Oberschichten- und Touristen-Event geworden. Und durch die veränderte Sozialstruktur auf den Tribünen ist es auffallend still in den ehemals so stimmungsvollen Stadien der Premiere League.

Als die Bayern-Fans diese Entwicklung bei der Jahreshauptversammlung 2007 thematisierten, reagierte Uli Hoeneß mit einem Wutausbruch: „Was glaubt ihr eigentlich, was wir das ganze Jahr über machen, damit wir Euch für sieben Euro in die Südkurve gehen lassen können? Was glaubt ihr eigentlich, wer euch alle finanziert?“, polterte der damalige Manager und heutige Präsident. Ein Stadion für 340 Millionen Euro lasse sich eben nicht durch günstige Stehplätze refinanzieren.

Gerade in Zeiten, in denen die Vereine den Großteil ihrer Einnahmen durch Pay-TV, Sponsoring und den Verkauf von VIP-Logen erzielen, ist es mit der (finanziellen) Rücksicht auf den Fan in der Kurve vorbei. Dabei sei das fatal, da die Kurven das Stadionerlebnis durch ihre Choreografien erst zu dem machten, was es ist, warnt der Fanforscher Gerd Debowski und ist sich sicher: „Heute würde Uli Hoeneß diese Rede nicht mehr so halten. Er weiß, was er von der Kurve hat.“

Das Problem der aktiven Fans: Der Erfolg gibt den Vereinen Recht. Auch ohne sie sind die Stadien voll. Dortmund feierte den Sieg in Hamburg vor einem fast vollen Gästeblock. Die Klubs wissen: Irgendwer wird sich schon finden, der die Preise zahlt.

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