Geschockt über den Fall Kraus

DHB-Chef Bernhard Bauer nennt den Verstoß des Nationalspielers gegen die Regeln der Anti-Doping-Agentur eine „Dummheit“.

Geschockt über den Fall Kraus
Foto: dpa

Düsseldorf. Der Fall des Göppinger Nationalspielers Michael Kraus, der wegen des Verstoßes gegen die Meldepflicht der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) vorläufig suspendiert wurde und dem eine lange Sperre droht, bewegt die Handball-Szene. Auch Bernhard Bauer, Präsident des Deutschen Handball-Bundes, war von der Nachricht „geschockt“. Im Interview spricht er über den Fall Kraus, die WM 2015 sowie die Suche nach einem neuen Bundestrainer.

Herr Bauer, wie sehr trifft Sie der Fall Michael Kraus persönlich, da Sie ihn als ehemaliger Göppinger und Präsident des Handball-Verbandes Württemberg seit langem kennen?

Bernhard Bauer: Mir tut es leid. Ich hatte mich gefreut, als er vor einigen Monaten wieder den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft hatte. Ich vergesse nicht, wie wir uns damals getroffen haben, und er gesagt hat: „Du kannst dich auf mich verlassen, ich bin reifer geworden.“ Er hat sicherlich dazugelernt, aber es gibt immer wieder Rückfälle, was bei einem Nationalspieler nicht sein sollte.

Das Strafmaß könnte zwischen drei Monaten und zwei Jahren liegen. Womit rechnen Sie?

Bauer: Es steht mir nicht an, über das Strafmaß zu spekulieren, denn die Entscheidung obliegt allein der unabhängigen Anti-Doping-Kommission. Die Mitglieder sind erfahrene Experten, die alle wissen, dass wir als Verband den Anti-Doping-Kampf ernst nehmen, andererseits aber auch rechtlich verpflichtet sind, den jeweiligen Einzelfall gründlich und objektiv zu prüfen.

Wann fällt die Entscheidung?

Bauer: Ich gehe davon aus, dass es in den kommenden zwei bis drei Wochen passieren wird.

Kritiker sagen, das System der Dopingkontrollen sei zu kompliziert und ein großer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Was sagen Sie dazu?

Bauer: Es ist sicherlich sehr kompliziert. Es wurde im Regelwerk auch schon das eine oder andere verändert. Aber man muss auch bedenken, dass unzählige Sportler kontrolliert werden, die damit zurechtkommen. Dieses Regelwerk gilt, das weiß jeder.

Glauben Sie, dass Michael Kraus das aus Schlampigkeit gemacht hat?

Bauer: So, wie ich ihn über die Jahre hinweg kenne, nimmt er manche Dinge einfach nicht so wichtig. Bei ihm ist eigentlich alles easy. „Mimi“ habe ich immer als liebenswerten, sympathischen Chaoten erlebt, dem man eigentlich nicht böse sein kann. Deshalb müsste ich mich sehr täuschen, wenn Mimi das bewusst gemacht hätte. Er hat eine Dummheit begangen, die im Erwachsenenalter eigentlich nicht mehr passieren sollte.

Wie war es für Sie, in Doha bei der Auslosung der WM 2015 zu sein, nachdem Deutschland nach dem sportlichen Scheitern ja erst nachgerückt ist?

Bauer: Unsere Mannschaft muss froh sein, dass sie überhaupt dabei ist. Jetzt kann sie beweisen, dass sie zu den Besten der Welt gehört. Ich bin mit etwas Bescheidenheit nach Doha gereist, weil wir eine zweite Chance bekommen haben. Mich hat es aber gefreut, dass viele auf mich zugekommen sind und gesagt haben, dass sie sich freuen, dass Deutschland dabei ist.

Man könnte nun sagen, dass die Trennung von Martin Heuberger als Bundestrainer unnötig war.

Bauer: Wir müssen unterscheiden zwischen der sportlichen Qualifikation und dem, was uns glücklicherweise jetzt noch geschenkt wurde. Wir haben die sportliche Qualifikation nicht geschafft, eine Konsequenz daraus war, dass wir uns von Martin Heuberger getrennt haben.

Wann wird die Entscheidung über eine Nachfolge fallen?

Bauer: Ich gehe davon aus, dass wir am 1. September einen neuen Bundestrainer haben.

Spielt die Nationalität eine Rolle — da sind sich Liga und Verband nicht einig?

Bauer: Unser Anspruch muss sein, dass wir zu den besten Mannschaften der Welt gehören. Dementsprechend brauchen wir die besten Trainer der Welt. Trainer, die vielleicht auch bereit sind, ganz neue Wege in Deutschland zu gehen, so wie es 1974 etwa der Kroate Vlado Stenzel gemacht hat. Da hat man nicht gefragt, woher er kommt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort