Das Glück des siebten Mannes

In einem dramatischen Endspurt sichert Deutschland gegen Serbien das Remis.

Belgrad. Ja, er habe ein Buch dabei. Nein, er habe noch keine Zeile gelesen. Martin Heuberger blieb sich nach dem dramatischen 21:21 (7:12) gegen EM-Gastgeber Serbien am Samstag treu. Ehrlich beantwortete er auch die Frage nach dem Titel — es sei die Biographie des Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß. Nur eine Antwort blieb er schuldig. „Ich weiß nicht, gegen wen wir spielen.“ Ihm kann geholfen werden: Der nächste Gegner heißt am Montag Dänemark (18.20 Uhr, ZDF).

Obwohl die Linie Heuberger daran hinderte, aktiv in das Spiel einzugreifen, gab er den achten Mann. Der furchtbare Start, der Sieben-Tore-Rückstand, die zahllosen Rückschläge in der Endphase — alles ließ sich wunderbar am Rücken des 47-Jährigen ablesen. Eigentlich waren nicht Torhüter Silvio Heinevetter und Sven-Sören Christophersen die Helden. Vielmehr war es Masseur Reinhold Roth, der im kribbeligsten Moment einen Vulkan abkühlte.

Die Schiedsrichter hatten in der 53. Minute ein serbisches Stürmerfoul übersehen und so Rastko Stojkovic das 19:21 geschenkt. Heuberger („Ich war am Überkochen“) rastete aus. Zwei Tore zurück, ein Spieler weniger, Schiedsrichter mit Serben-Brillen — das schien die Entscheidung gewesen zu sein. Masseur Roth drückte den Entrückten auf einen Stuhl und massierte dessen Nacken. Die Ersatzspieler drängten ihn, sich zu beruhigen. „Das war ein Fehler, das darf nicht passieren“, sagte Heuberger. „Aber da wir die Demokratie leben, muss ich mich auch von den Spielern einmal zügeln lassen.“

Und das Blatt wendete sich noch einmal für die Deutschen, die schlecht spielten, aber große Moral zeigten. Sie konnten sich auf Heinevetter verlassen, der 43 Prozent der Würfe hielt und in den letzten sieben Minuten alle. „Heine war unglaublich“, lobte Heuberger, der sich aber gewünscht hätte, dass er besser hören würde. Denn als es kurz vor Schluss 21:20 für die Serben stand, sollte Christophersen als siebter Feldspieler kommen. Aber „Heine“ überhörte die Anweisung, vom Feld zu gehen. Als er erwachte, waren acht Sekunden geblieben.

„Wir hatten uns auf eine solche Situation vorbereitet, aber dann anders gespielt“, sagte Christophersen. Der siebte Feldspieler ist derjenige, der für den Torhüter ausgewechselt wird. Deshalb ist es sinnvoll, wenn er nicht der letzte ist, der den Ball hat. „Irgendwie ist er in meiner Hand aufgetaucht“, sagte Christophersen. „Ich hatte keine Wahl.“ Er traf, zwei Sekunden vor dem Abpfiff.

„Jetzt wissen wir, dass wir sogar sieben Tore aufholen können“, sagte Oliver Roggisch, der trotz gebrochener Nase die serbischen Angriffswellen stoppte. Aber mit einer solchen Leistung wäre es vermessen, vom Halbfinale zu träumen.

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