Nach Schiedsrichter-Tod: Klage über Terminhatz

Leipzig (dpa) - Trauer und Schockstarre bei Spielern, Schiedsrichtern und Funktionären, gedrückte Stimmung bei den Fans in den Bundesliga-Hallen: Der deutsche Handball ist fassungslos über den Unfalltod der Schiedsrichter Bernd und Reiner Methe.

Mit Schweigeminuten gedachten die Clubs vor Spielbeginn der verunglückten Referees, Mannschaften und Schiedsrichter liefen mit Trauerflor auf. Zur allgemeinen Bestürzung aber gesellt sich die Frage nach dem Warum. Vor allem die Terminhatz ist wieder auf die Tagesordnung gerutscht.

Bernd und Reiner Methe waren am 11. November aus noch ungeklärter Ursache auf einer Bundesstraße nahe Empfingen in den Gegenverkehr gekommen und dort frontal mit einem Lkw zusammengestoßen. Durch die Wucht des Aufpralls hatte sich der neue Mercedes der Brüder unter den Brummi gebohrt. Beide sollen noch am Unfallort ihren Verletzungen erlegen sein. Die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf und sucht den Fahrer eines dritten Fahrzeuges als Unfallzeugen.

Methe/Methe waren zum Bundesligaspiel HBW Balingen-Weilstetten gegen den SC Magdeburg unterwegs. Nach der Partie in Balingen hätten die Methes zurück nach Frankfurt/Main fahren sollen, um von dort aus zum Champions-League-Spiel Krim Ljubljana gegen Larvik HK am Sonntag zu reisen.

„Ich hoffe, dass jetzt mal ein Umdenken einsetzt und nicht nur der Kommerz im Mittelpunkt steht. Der Zeitplan ist so wie der Spielplan ist“, erklärte Schiedsrichter-Chef Peter Rauchfuß. Wegen des starken Verkehrs unmittelbar vor dem Wochenende sei der Freitag der gefährlichste Spieltag, sagte er.

Schiedsrichter Lars Geipel, der mit Markus Helbig die Bundesligapartie des Tabellenführers THW Kiel gegen TBV Lemgo (35:26) leitete, stößt ins gleiche Horn. „Spitzenschiedsrichter sind stark belastet. 35 bis 40 Spiele pro Saison sind normal. Man umrundet mindestens einmal die Welt pro Jahr“, berichtete Geipel der Nachrichtenagentur dpa und forderte: „Man sollte den internationalen Terminkalender minimieren. Nicht nur die Spieler stöhnen seit Jahren, sondern auch wir Referees“.

Geipel setzte noch einen drauf: „Uns geht es auch um den Respekt vor unserem Amt. Wir opfern rund 25 Tage unseres Jahresurlaubs für unsere ehrenamtliche Tätigkeit, trainieren viermal pro Woche, stecken viel Zeit in Videoanalysen. Alles nur, um auf Spitzenniveau zu sein wie die Spieler. Dann sind wir jede Woche 200 bis 300 Kilometer unterwegs, haben nicht wie die Mannschaften aller zwei Wochen ein Heimspiel. Etwas mehr Anerkennung wäre da angebracht.“ Dabei ginge es nicht um Geld. „Wir werden angemessen entschädigt, natürlich nicht vergleichbar mit dem Fußball“, sagte Geipel.

Der Bundesliga-Verband HBL schließt sich der Forderung an und will vor allem den internationalen Kalender korrigieren. „Wir machen uns erneut dafür stark, dass wir zu berechenbaren Terminen kommen, vor allem international“, sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann.

Die Trauer überschattete den Spieltag. „Ich bin zutiefst geschockt und fassungslos. Uns allen fiel es schwer, auf der Fahrt zum Auswärtsspiel bei der SG Flensburg/Handewitt einen klaren Gedanken zu fassen“, sagte Gerald Oberbeck, Manager von Eintracht Hildesheim nach der 20:36-Niederlage, und fügte hinzu: „Der Handballsport hätte jetzt in den Hintergrund treten müssen. Es wäre richtig gewesen, wenn die HBL den kompletten Spieltag abgesagt hätte.“

„Ich hätte vollstes Verständnis gehabt, wenn der gesamte Spieltag abgesagt worden wäre. Bernd und Reiner hinterlassen für den Handball ein riesiges, sportliches Loch. Immer wenn es irgendwo brannte und eine brisante Partie anstand, wurden die beiden hingeschickt“, meinte Füchse-Manager Bob Hanning, dessen Team beim TV Hüttenberg mit 30:20 erfolgreich war.

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