Nun Geheimfavorit: DHB-Auswahl im WM-Viertelfinale

Barcelona (dpa) - Die Bewegung war unnachahmlich, die Wirkung spielentscheidend: Silvio Heinevetter wehrte beim 18:16 spektakulär einen Konter ab.

Danach ging ein Ruck durch die Mannschaft und die deutschen Handballer besiegten im Achtelfinale der WM Mazedonien mit 28:23 (13:9). Durch den Einzug ins Viertelfinale hat sich die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) in Spanien vom Außenseiter zum Geheimfavoriten gemausert. Nach dem fünften Sieg in der sechsten WM-Partie spielt das Team von Bundestrainer Martin Heuberger am Mittwoch in Saragossa um den Einzug ins Halbfinale. Den Gegner ermitteln Gastgeber Spanien und der EM-Zweite Serbien.

Vor rund 8200 Zuschauern im Palau Sant Jordi war Stefan Kneer (5) bester Torschütze im deutschen Team, das sich am Freitag mit einem 32:30-Coup gegen Titelverteidiger Frankreich den Sieg der Vorrundengruppe A gesichert hatte.

„Ich bin wirklich erleichtert“, sagte Coach Heuberger. „Ich bin stolz auf die Mannschaft, die wirklich gefightet hat.“ Seine Schützlinge hätten die Arbeit auf dem Feld gemacht und „sich nicht aus der Ruhe bringen lassen“. Zugleich aber stellte er auch klar, dass er seine Mannschaft noch nicht wieder in der Weltspitze sieht: „Wir dürfen nicht so vermessen sein, wieder alles hochzujubeln. Das ist ein langer Weg.“

Linksaußen Kevin Schmidt lobte einen „Super-Heinevetter im Tor“ und unterstrich: „Das war die Grundlage.“ Und der so Gelobte erlaubte sich über seine spielentscheidende Glanztat einen Scherz. Er wurde gefragt, woran er in diesem Moment gedacht habe und antwortete: „Habe ich zu Hause das Licht ausgemacht? Und die Waschmaschine?“

Die Mazedonier hatten auf dem Weg nach Barcelona eine Odyssee zu bewältigen. Wegen Unwetterschäden an der Bahnstrecke von Sevilla nach Madrid ist der EM-Fünfte auf Umwegen in den Achtelfinal-Spielort umgezogen. Statt wie geplant mit dem Zug direkt von Sevilla in die den Spielort zu reisen, musste das Team um Torjäger Kiril Lazarov zunächst mit dem Bus nach Córdoba reisen. Erst von dort fuhr nach mehrstündiger Wartezeit der Schnellzug nach Barcelona. So kamen die Mazedonier erst gegen 20.00 Uhr im Mannschafts-Quartier an.

Im Stil einer routinierten Mannschaft startete die DHB-Auswahl in die Partie gegen Mazedonien. Im Gegensatz zum knappen 24:23-Erfolg vor Jahresfrist bei der EM in Serbien war das Team um Kapitän Oliver Roggisch von der ersten Minute an Herr der Lage. Der Abwehrchef eröffnete mit einem Steal und dem anschließenden Konter den Torreigen. Danach enteilte der EM-Siebte gar auf 4:0 (7.).

Insbesondere die Abwehr war einmal mehr Garant dafür, dass die Mazedonier nicht ihr Angriffsspiel aufziehen konnten. Roggisch und Co. verhinderten schnellfüßig und flexibel alle Kombinationsansätze des EM-Fünften, dessen Rekord-Torjäger Lazarov in der ersten Halbzeit nur sporadisch zum Zuge kam. Und wenn doch mal ein Wurf der Mazedonier auf deutsche Tor kam, verhinderte Heinevetter mit teils spektakulären Paraden einen Erfolg. Der Berliner meisterte in den ersten 30 Minuten 52 Prozent aller gegnerischen Torwürfe.

Mit Geduld und Spielwitz agierte das Team in der Offensive. Beim 8:3 (17.) führte die DHB-Auswahl auch dank zahlreicher Konter mit fünf Toren. Dabei verkraftete die deutsche Mannschaft auch den Ausfall von Rückraumspieler Sven-Sören Christophersen, der nach einem Zusammenprall mit lädiertem Knie vom Platz musste. Dennoch erspielte sich der EM-Siebte einen 11:5-Vorsprung (23.) und ging mit einer 13:9-Führung in die Kabine.

Nach dem 17:11 (37.) geriet das deutsche Angriffsspiel bedrohlich ins Stocken. Mazedonien nutzte die Schwächephase rigoros aus und verkürzte Tor um Tor. Erst beim 18:16 (43.) löste Heinevetter mit einem gehaltenen Konter wieder die Verkrampfungen. „Das war eine Mega-Parade“, sagte Christophersen. Die Mannen um Spielmacher Haaß behielten die Nerven, zogen auf 21:16 (47.) davon und gewannen verdient.

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