Schiedsrichter stoppen Schauspielerei

Leipzig (dpa) - Den Schiedsrichtern reicht's. Mit der vollen Härte der Regeln wollen die Referees in der an diesem Samstag beginnenden Saison in der Handball-Bundesliga gegen tobende Trainer, zeternde Spieler und unsportliche Schauspieleinlagen durchgreifen.

Schiedsrichter stoppen Schauspielerei
Foto: dpa

„Die Rote Karte ist das letzte Mittel, aber die Gelbe muss schneller kommen. Wir müssen eher Grenzen setzen“, sagte Top-Schiedsrichter Lars Geipel der Nachrichtenagentur dpa.

Beim Lehrgang im Juli in Halberstadt wurde den Unparteiischen anhand teils aufrüttelnder Videos der Verfall der Sitten noch einmal vor Augen geführt. „Die Meckerei war auf konstant hohem Niveau. Aber die Schauspielereien haben zugenommen“, berichtete Geipel, der mit seinem Partner Markus Helbig den Ligaeinstand von Meister THW Kiel beim TBV Lemgo an diesem Samstag leitet.

Schiedsrichterwart Peter Rauchfuß hob einige krasse Szenen aus den Aufzeichnungen besonders hervor, in denen Akteure Siebenmeter und Bestrafungen für Gegenspieler provozieren wollten und damit auch teilweise Erfolg hatten. „Es waren Situationen dabei, da haben sich Spieler selbst ins Gesicht geschlagen. Diese Verarsche können wir uns nicht gefallen lassen“, berichtete der Chef der deutschen Schiedsrichter-Gilde.

Für den 69-Jährigen, der in seiner aktiven Zeit unter anderem bei neun WM und vier Olympischen Spielen gepfiffen hat, sind Meckern, Schimpfen, Beleidigen und Schauspielern ein Unding. „Es kann nicht sein, dass Spieler mit den Schiedsrichtern diskutieren wollen. Die haben Handball zu spielen. Wir müssen auch das Verhalten der Trainer herunterfahren“, sagte er.

Dabei geht er mit Konsequenz voran. Auf sein Geheiß als Offizieller am Kampfrichtertisch wurde Dagur Sigurdsson, Trainer der Füchse Berlin und Bundestrainer in Doppelfunktion, beim Supercup in Stuttgart wegen fortgesetzten Meckerns erst ermahnt und dann verwarnt. „Ich habe kein Problem damit, dem Bundestrainer zu sagen: So geht es nicht“, erklärte Rauchfuß und wurde grundsätzlicher: „Einige Trainer legen sich permanent mit den Schiedsrichtern an, um ihre Spieler aufzuwecken.“

Seit inzwischen zwölf Jahren ist der Sachse im Deutschen Handballbund (DHB) für die Schiedsrichter verantwortlich und somit auch für deren tadellosen internationalen Ruf. Doch noch nie zuvor ist er mit solch kriminellen Ereignissen konfrontiert worden wie in diesem Jahr. Im Januar hatten Unbekannte in Halberstadt die Reifen seines Autos zerstochen und einen Drohbrief hinter die Scheibenwischer gesteckt, der mit „Deine Schiedsrichter“ signiert war. Und am 13. Juli kam es noch ärger: Auf sein Auto wurde ein Brandanschlag verübt, bei dem zum Glück nur Sachschaden entstand.

Seither ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft. „Ich weiß, dass die Ermittlungen sehr umfangreich sind und auch nach unserer Intervention mit Vehemenz geführt werden“, sagte Rauchfuß, er wollte wegen der Ermittlungen aber weiter keine Details nennen. „Ich will wissen, wer das gewesen ist. Das ist unverzeihlich. Aber eins ist klar: Diese Leute werden es nicht schaffen, mich beiseite zu räumen“, erklärte er kämpferisch.

„Wir Schiedsrichter stehen hinter Peter Rauchfuß und seiner Arbeit“, sagte Geipel. Bis 2017 wird der Sachse noch Chef der deutschen Referees bleiben. „Ich weiß, dass es nicht immer nur ein freundschaftliches Verhältnis mit den Schiedsrichtern sein kann. Ich trage die Verantwortung und das mache ich gerne“, betonte er.

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