Skopje, die heimliche Handball-Hauptstadt Europas

Skopje (dpa) - Metalurg und Vardar Skopje sind sich untereinander so grün wie Borussia Dortmund und Schalke 04. Nun haben es die beiden mazedonischen Vereine in der Hand, Sportgeschichte zu schreiben.

Skopje, die heimliche Handball-Hauptstadt Europas
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Die Clubs haben bereits für ein Novum im internationalen Handball gesorgt: Nicht etwa Barcelona oder Paris sind die erste Städte mit zwei Vereinen im Champions-League-Viertelfinale - Skopje ist die neue heimliche Handball-Hauptstadt Europas. Metalurg spielt am Samstag gegen THW Kiel, Vardar am Ostermontag bei der SG Flensburg-Handewitt.

„Dieser Erfolg ist unglaublich für Skopje, für Mazedonien“, sagt Lino Cervar. Der Kroate, der sein Heimatland 2004 zum Olympiasieg und 2003 zum WM-Titel führte, trainiert seit 2009 Metalurg Skopje und machte den Club mit drei nationalen Meisterschaften zum Aushängeschild des Handballs. Finanziell unterstützt vom Stahlproduzenten Mincho Jordanov, dem laut Forbes-Liste reichsten Mann Mazedoniens, formte Cervar eine Mannschaft, die im Vorjahr auch international erstmals für Aufsehen sorgte. Als erstes mazedonisches Team überhaupt stieß Metalurg ins Champions-League-Viertelfinale vor.

Da hatte der russische Multimillionär Sergej Samsonenko gerade seine Liebe zum Handball entdeckt. Er übernahm Metalurgs Stadtrivalen Vardar, pumpte Millionen in die Mannschaft und machte Vardar 2013 zum mazedonischen Meister. Vor dieser Saison öffnete er seine Geldbörse erneut, verpflichtete zahlreiche russische Stars und das weltgrößte Handball-Talent Alex Dujshebaev. Nebenbei kaufte er auch noch eine Weltauswahl für Vardars Frauen-Handball-Team zusammen. Und die hat es den beiden Männer-Clubs schon vorgemacht und sich in der ersten Champions-League-Saison auf Anhieb für das Finalturnier qualifiziert.

Dorthin, zum FINAL4 nach Köln im Juni, wollen Metalurg und Vardar auch. Die letzten Hürden für beide heißen Kiel und Flensburg-Handewitt. „Das ist alles andere als eine einfache Aufgabe“, meint Flensburgs Manager Dierk Schmäschke. „Wir haben größten Respekt“, sagt auch Kiels Manager Klaus Elwardt. Auf dessen Mannschaft wartet im Viertelfinal-Hinspiel die „Hölle von Skopje“. Denn die Arena Boris Trajkovski ist berüchtigt. In der Champions-League-Gruppenphase kam es ausgerechnet zum Duell Vardar gegen Metalurg - und da flog den deutschen Schiedsrichtern Lars Geipel und Marcus Helbig schon einmal ein Plastiksitz entgegen.

„In keiner Halle ist es so laut wie in Skopje, nirgendwo gibt es ein derart frenetisches Publikum“, hatte schon HSV-Trainer Martin Schwalb erkannt. Der Champions-League-Titelverteidiger hat seine Skopje-Lektion schon erhalten: Nach einem 28:28 bei Vardar verloren die Hamburger im Achtelfinale zu Hause 29:30 - und schied aus. Noch keine Mannschaft hat in dieser Saison in Skopje gewonnen: Vardar erreichte gegen die Weltstars von Barcelona und Paris St. Germain zuhause Unentschieden, Metalurg ist in dieser Saison die einzige Mannschaft, die dem großen Favoriten Barca eine Niederlage beibrachte - natürlich in der Boris-Trajkovski-Arena, wo man auch Paris schlug.

Und daher regiert Optimismus pur bei den beiden Stadtrivalen: „Flensburg ist der einfachste Gegner, um sich für das Finalturnier zu qualifizieren“, tönte Vardar-Kapitän Filip Lazarov, der am vorigen Sonntag mit seiner Mannschaft zum zweiten Mal nach 2012 die multinationale Balkanliga SEHA gewann. „In Skopje hat noch niemand gewonnen - das soll auch so bleiben“, meint Metalurgs Generalsekretär Zoran Cvetanovski: „Wir haben uns einen Gegner wie Kiel verdient.“

Und wenn es nicht klappt? Russen-Millionär Samsonenko hat sich schon ein zweites Standbein ausgesucht: Auch Vardars Fußball-Abteilung übernahm er - und will so schnell wie möglich in die Gruppenphase der Champions League. An Visionen mangelt es in Skopje nicht.

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