Interview mit Thomas Helmer: „Heute kann ich nicht verlieren“

Thomas Helmer spielte für Bayern und den BVB. Einen Favoriten hat er vor dem Duell der beiden Mannschaften nicht.

Bielefeld. Das BVB-Dress trug er fast solange wie das Bayern-Trikot. Von 1986 bis 1992 spielte Thomas Helmer für Borussia Dortmund, ab 1992 bis 1999 für den FC Bayern München. Mit beiden Vereinen konnte er den DFB-Pokal gewinnen. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der 47-Jährige über die Entwicklung der Bayern und seine Zeit bei den Vereinen.

Herr Helmer, sehen wir mit der Begegnung der Bayern gegen Dortmund das letzte interessante Spiel der Saison auf nationaler Ebene?

Thomas Helmer: Nein, ganz und gar nicht, es ist schließlich erst das Viertelfinale. Wenn Sie meinen, dass der Sieger dieses Spiels automatisch auch gleich der DFB-Pokal-Sieger ist, muss ich da klar widersprechen. Dazu habe ich im Pokal zu viel erlebt. Danach kann auch noch alles passieren. Dass die Bayern allerdings in der Meisterschaft durch sind, sehe ich schon so. Das dürfte entschieden sein.

Okay, sind die Bayern deswegen auch im Pokal, zumal mit Heimvorteil, der Favorit?

Helmer: Nein, da gibt es keinen Favoriten. Die Dortmunder sind in so einem Spiel absolut auf Augenhöhe, das haben sie ja auch beim 1:1 in der Liga, in München, schon bewiesen. Die Dortmunder haben ihre Punkte in anderen Spielen liegen gelassen.

Warum haben sie das gemacht?

Helmer: Weil sie noch nicht so stabil sind, besonders in der Defensive. Da sind Fehler passiert, die in den beiden Saisons zuvor nicht so passiert sind. Das ist aber Teil einer normalen Entwicklung. Es konnte ja nicht so weitergehen, dass Neven Subotic und Mats Hummels so stark spielen. Und Felipe Santana war als Subotic-Ersatz während dessen Verletzung auch nicht überzeugend.

Thomas Helmer auf die Frage, ob der BVB-Stürmer die Bayern verstärken könnte

Und warum hat Bayern praktisch nichts liegengelassen?

Helmer: Weil sie sich quantitativ und qualitativ extrem gut verstärkt haben. Javi Martinez spielt da an der Seite von Bastian Schweinsteiger eine besondere Rolle, noch wichtiger aber ist die Leistung von Dante im Abwehrzentrum. Dass der so einschlägt, hatte wohl niemand erwartet, ich auch nicht. Und dann ist da noch David Alaba, den ich für den besten Linksverteidiger der Liga halte.

Das dürfte BVB-Trainer Jürgen Klopp, der Marcel Schmelzer gerne starkredet, anders sehen.

Helmer: Ach, wenn er in Ruhe drüber nachdenkt, dürfte er das mit Alaba auch so einschätzen.

Im ganzen Land wird derzeit über einen Wechsel von Robert Lewandowski zu den Bayern geredet. Beeinflusst so etwas den Spieler vor so einer Partie oder gar die ganze Mannschaft?

Helmer: Die Mannschaft interessiert so etwas ganz wenig. Wenn es jemanden betrifft, dann schon Lewandowski selbst. Man hat das ja bei Schalkes Klaas-Jan Huntelaar gesehen, der in ein tiefes Leistungsloch gefallen ist. Aber bei Lewandowski sehe ich das bisher überhaupt nicht.

Die Bayern haben Mario Mandzukic und Mario Gomez, dazu Claudio Pizarro, wäre Lewandowski da überhaupt eine Verstärkung?

Helmer: Ich halte Lewandowski für den besten Stürmer der Bundesliga. Also: ja.

Sie sind 1992 zu den Bayern gewechselt, nachdem Sie 1989 mit Dortmund Pokalsieger geworden sind. Ist der 24. Juni 1989 noch präsent?

Helmer: Natürlich, solche Spiele sind entscheidende Momente in einer Karriere, in meiner selbstverständlich auch. Im Berliner Olympiastadion waren zumindest in unserer Wahrnehmung alle für uns und gegen Werder Bremen. Das ganze Stadion war gelb-schwarz. Das war schon herausragend.

1998 dann der Pokalsieg mit den Bayern gegen den MSV Duisburg.

Helmer: Oh, das war nicht so gut. Da hat mich Giovanni Trapattoni früh ausgewechselt, weil ich mit Bachirou Salou überhaupt nicht zurechtgekommen bin. Der lag mir nie. Duisburg war richtig stark, Mario Basler hat das Spiel dann spät entschieden.

Jetzt mal ohne „Der Bessere soll gewinnen“: Zu wem halten Sie?

Helmer: Ich kann da nicht verlieren, weil ich ja für beide Teams gespielt habe. Ganz ehrlich: Ich fiebere dem Spiel jetzt nicht so entgegen wie viele Fußball-Fans. Ich habe noch gute Kontakte nach München, und ich habe noch gute Kontakte nach Dortmund, besonders zu meinem Freund Norbert Dickel. Ich bin da ganz entspannt.

Jetzt sagen Sie nicht, das Spiel geht an Ihnen vorbei.

Helmer: Ich bin am Bodensee, mit meinen Kindern. Ich sehe so viele Spiele, auch wegen meines jetzigen Berufs. Das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber da wird man ruhiger. Wahrscheinlich schaue ich abends schon rein. Das Schöne ist ja, dass es in jedem Fall einen Sieger geben wird.

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