IOC-Kreise: Keine Ermittlungen gegen Blatter

Lausanne (dpa) - Nach dem IOC-Rückzug des ehemaligen FIFA-Präsidenten Joao Havelange interessierte vor allem eines: Wie geht die Ringe-Organisation mit seinem Nachfolger Joseph Blatter um? Die Antwort: Das IOC wird keine Ermittlungen gegen den FIFA-Boss aufnehmen.

Damit bleibt Blatter bleibt das Schicksal seines Vorgängers vorerst erspart. Die IOC-Ethikkommission sieht trotz des immer wieder kolportierten Verdachts der Mitwisserschaft keinen Anlass, Untersuchungen gegen den Präsidenten des Fußball-Weltverbandes (FIFA) einzuleiten. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur dpa in Lausanne aus gut informierten IOC-Kreisen.

Der 95 Jahre alte Havelange war einem wahrscheinlichen Ausschluss aus dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) durch seinen Rücktritt zuvorgekommen. Die IOC-Justiz hatte gegen den Brasilianer wegen Bestechungsvorwürfen ermittelt.

Der IOC-Doyen soll in die Schmiergeldaffäre um die insolvente Schweizer Sportrechteagentur ISL/ISMM verwickelt gewesen sein, hat diese Vorwürfe aber stets bestritten. „Ich will nichts sagen. Ich verlange nur, dass ihr mich in Frieden lasst“, sagte Havelange einem Reporter des Internetportals „UOL“ bei einer Veranstaltung in Rio de Janeiro, wo er an einem Seminar des früheren brasilianischen Nationalcoachs Carlos Alberto Parreira teilnahm.

Der Jahrhundert-Funktionär, von 1974 bis 1998 FIFA-Chef und nun Ehrenpräsident des Weltverbandes, gilt als einer der Hauptbegünstigten des ISL-Skandals. Der Rechtevermarkter war 2001 bankrottgegangen. Blatter, der von 1981 bis 1998 als FIFA-Generalsekretär unter Havelange wirkte, hat zumindest vonseiten des IOC momentan nichts zu befürchten. Der 75-Jährige ist seit 1999 IOC-Mitglied.

Der Schweizer hat bereits mehrmals die Veröffentlichung der brisanten ISL-Dokumente angekündigt, auf denen nach BBC-Informationen zahlreiche Namen bestechlicher Funktionäre stehen. Ursprünglich hatte er diese mit Spannung erwartete Namensliste am 17. Dezember auf der Sitzung der FIFA-Exekutive in Tokio präsentieren wollen. Am Dienstag musste er dieses Vorhaben auf unbestimmte Zeit verschieben. Einer der Beteiligten habe rechtliche Schritte gegen die Offenlegung der Papiere eingelegt. Dabei dürfte es sich um den FIFA-Vorständler und ehemaligen Havelange-Schwiegersohn Ricardo Teixeira handeln, der ebenfalls alle Korruptionsvorwürfe von sich weist.

„Ich bleibe fest entschlossen, die Dokumente sobald wie möglich zu veröffentlichen, da sie ein wichtiger Teil meiner zahlreichen Reformpläne für die FIFA sind, die die Aufarbeitung der Vergangenheit und den Aufbau einer künftigen Struktur beinhalten“, so Blatter. Er selbst stehe nicht auf der Liste, hatte er immer wieder betont.

Das 2001 in Konkurs gegangene Schweizer Marketing-Unternehmen ISMM/ISL hat über Jahre FIFA- und IOC-Funktionäre bestochen und als Gegenleistung lukrative Rechte zugeschanzt bekommen. In Strafverfahren wurde dokumentiert, dass zwischen 1989 und 2001 mindestens 138 Millionen Schweizer Franken Bestechungsgelder an einflussreiche Vertreter zahlreicher Sportorganisationen gezahlt wurden.

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