Klaus Zerta: Olympiasieger mit 13 Jahren

Klaus Zerta ist der jüngste bekannte Gewinner einer Goldmedaillen bei Olympischen Spielen.

Düsseldorf. Er ist Deutschlands jüngster Olympiasieger aller Zeiten und auch der jüngste bekannte Goldmedaillengewinner überhaupt: Klaus Zerta war 13 Jahre und 283 Tage alt, als er als Steuermann der Ruder-Zweiers Bernhard Knubel und Heinz Renneberg 1960 in Rom die Goldmedaille gewann.

Herr Zerta, wie wird man als 13-Jähriger Olympiasieger?

Klaus Zerta: Tja, das ging eigentlich recht schnell. Meine Eltern haben mich als ich elf Jahre alt war im Ruderverein Gelsenkirchen angemeldet. Das war 1958. Ich wollte selbst rudern, aber da ich verhältnismäßig klein war, wurde ich rasch zum Steuermann gemacht. Wenn man das oft macht, hat man das schnell raus. Ein Jahr später haben mich dann Bernhard Knubel und Heinz Renneberg angesprochen, die im selben Ruderverein waren wie ich. Und dann ging es los. Wir haben uns bei den Deutschen Meisterschaften und der Ausscheidung gegen zwei DDR-Boote durchgesetzt und durften nach Rom fahren. Wir haben seinerzeit dreimal am Tag trainiert. Ich war von der Schule freigestellt. Die Ruderer hatten kulante Arbeitgeber.

Wie haben sie es wahrgenommen, als Junge zu den Olympischen Spielen fahren zu dürfen?

Zerta: Man realisiert zuerst gar nicht, dass man etwas Großes und Außergewöhnliches erreicht hat. Nachdem wir uns qualifiziert hatten, wurden wir gleich in eine Kleiderkammer gesteckt. Dann wurde Maß genommen und unsere Anzüge für Rom geschneidert. Danach erst ging der Rummel los. Alle wollten etwas von mir, haben mir Fragen gestellt. Und in Rom wurde es dann noch mehr. Da wurde ich ziemlich belagert, vor allem von Japanern. Die fotografieren ja ganz gerne.

Durften Sie überhaupt alleine nach Rom?

Zerta: Ja, meine Eltern mussten nicht mit. Meine Kameraden haben auf mich aufgepasst.

Was genau war ihre Aufgabe?

Zerta: Als Steuermann musste ich den Takt vorgeben, war also das Metronom des Boots. Ich war ein liegender Steuermann im Bug. Allerdings war ich mit 46 Kilogramm zu leicht, also mussten wir zusätzlich einen Sandsack mit an Bord nehmen.

War der Olympiasieg eingeplant?

Zerta: Wir hatten vor den Spielen einige Regatten gewonnen, auch in guten Zeiten. Wir haben uns schon Chancen ausgerechnet, unter die ersten Drei zu kommen. In den ersten Vorläufen lief es gut. Im Finale haben wir dann mit gut drei Metern vor der Sowjetunion gewonnen. Vor der Medaillenübergabe haben mich meine Kameraden erstmal ins Wasser geschmissen. Das gehört dazu.

Wussten Sie, dass sie Historisches geleistet hatten?

Zerta: Zuerst nicht. Aber die Begeisterung der Zuschauer, die uns wie wahnsinnig unterstützt haben, war einfach super. Und dann die deutsche Fahne im Wind wehen zu sehen - das erzeugt schon Gänsehaut. Dass das, was wir da vollbracht hatten, etwas Besonderes war, merkte ich, als wir zurück nach Gelsenkirchen kamen. Die Straßen waren schwarz vor Menschen. Wir sind in offenen Autos durch die Stadt gefahren. Das war unglaublich. Später sind wir dann auch vom Bundespräsidenten empfangen worden. Ich war sehr stolz, aber zu Kopf gestiegen ist mir der Erfolg nicht. Dass ich einen Rekord aufgestellt habe, habe ich erst aus dem Guinness-Buch der Rekorde erfahren.

Wie sehen Sie sich heute die Olympischen Spiele an? Haben Sie Sorge, dass Ihr Rekord geknackt wird?

Zerta: Überhaupt nicht, ich gucke mir die Wettkämpfe mit großer Freude an. Mein Rekord spielt da keine Rolle.

Haben Sie von Ihrem Erfolg finanziell profitiert?

Zerta: Nein, wir haben keine Mark bekommen. Wir hatten zwar Angebote aus der Werbung, aber die hat unser Verein abgelehnt. Wir waren Amateure und sollten es auch bleiben. Aber ich war schon ein paar Jahre bekannt in meiner Heimatstadt Gelsenkirchen. Als Olympiasieger bin ich dann auch zu den Spielen von München 1972 eingeladen worden, außerdem gab es alle vier Jahre immer Treffen der Olympiasieger.

Warum sind Sie nachher nicht mehr im Leistungssport in Erscheinung getreten?

Zerta: Ich habe noch ein paar Jahre gerudert und mich dann für die berufliche Laufbahn entschieden. Ich war später Bauleiter in einem Chemieunternehmen. Jetzt spiele ich nur noch Tennis und Golf.

Wie hat sich der Rudersport in der Zwischenzeit entwickelt?

Zerta: Alles ist professioneller geworden, wie auch bei den Olympischen Spielen. Überall steckt Geld dahinter. Den Amateursport gibt es kaum noch. Natürlich sind die Boote heute schneller, allein schon wegen des Materials. Das ist eine Wissenschaft geworden. Aber vor allem der Deutschland-Achter ist nicht mehr, was er einmal war. Der wird wild zusammengewürfelt. Früher bestand der Achter praktisch nur aus Ruderern aus einem Verein. Das passte auch menschlich. Dass das jetzt auch so ist, kann ich mir schwer vorstellen.

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