Ackermann wird 60: „Na, Rosi ... zwei Meter heute?“

Frankfurt/Main (dpa) - Es war ein Sprung mit dem Kopf voraus, Rosemarie Ackermann landete weich auf der grünen Matte - und schwebte wie auf Wolken. Am 26. August 1977 um 20.14 Uhr überwand Rosemarie Ackermann im Berliner Olympiastadion als erste Frau die zwei Meter.

„30 000 Besucher erlebten, wie im Frauen-Hochsprung eine neue Zeitrechnung begann“, vermeldete damals die Nachrichtenagentur dpa. Am Mittwoch den 4. April feiert die Lausitzerin in Cottbus nun ihren 60. Geburtstag.

„Emotional war das intensiver als mein Olympiasieg 1976“, sagt Rosi Ackermann in einem dpa-Gespräch. „Es ist halt etwas, das in die Sportgeschichte eingegangen ist. Wenn ich die Augen zumache, dann läuft der ganze Tag wie ein Film ab.“ Den Weltrekord hat die 1,75 Meter große Athletin im alten Straddle-Stil geschafft. Weinend rannte Ackermann nach ihrem Coup über den Rasen.

Zu den unmittelbaren Zeitzeugen von jenem Internationalen Stadionfest (ISTAF) gehörte Brigitte Kurschilgen, die damals auf einer Bank an der Anlage saß. Die heutige Bundestrainerin war unter ihrem Mädchennamen Holzapfel mit 1,86 Meter Dritte geworden. „Das war schon eine grandiose Geschichte. Ich hatte das Gefühl, die Leute haben sich genauso gefreut, wie wenn es eine westdeutsche Athletin gewesen wäre“, sagt sie.

Wegen der „Grünen Woche“ waren an jenem August-Tag praktisch alle Hotels ausgebucht in Berlin, so wurde die Abschlussveranstaltung auf einem Schiff gefeiert. Noch in der Nacht musste Ackermann über den Grenzübergang Friedrichstraße zurück in die DDR. 10 D-Mark Tagegeld hatte sie bekommen, für den Rekord gab's dann eine Prämie von 1500 DDR-Mark. „800 bis 1000 Mark habe ich damals im Monat als Sportlerin verdient“, sagt die Hallen-Europameisterin von 1974, 1974 und 1976.

1977 war Ackermann „Weltsportlerin des Jahres“, 1980 beendete sie ihre Karriere. Sie ist mit dem früheren DDR-Oberliga-Handballer Manfred Ackermann verheiratet, hat zwei Söhne und ist bei der Agentur für Arbeit in Cottbus angestellt: im Bearbeitungsbüro für Arbeitgeber-Leistungen. Bis 63 will sie dort weitermachen. Zum runden Geburtstag plant sie eigentlich eine Feier im „kleineren Rahmen“. Aber Ackermann ahnt schon, dass ein paar mehr kommen werden und meint lachend: „Man hat mir signalisiert, dass Cottbus ein Dorf ist und sich so etwas rumspricht.“

Ihr Zwei-Meter-Satz wird natürlich auch Gesprächsthema beim Geburtstag sein. Zwei Erinnerungsstücke an ihren großen Tag kann Ackermann vorweisen: Ein altes Autokennzeichen mit dem Kennzeichen „Z - RA 200“, das sie nach für ihren Wartburg bekommen hat. Und eine Weltrekord-Plakette, die sie erst auf Umwegen erhielt. Die Original-Medaille ist nie bei ihr angekommen, aber ISTAF-Macher Rudi Thiel hatte Anfang der Neunziger noch einmal eine beim Leichtathletik-Weltverband IAAF beantragt. Thiel war es auch, der am 26. August 1977 dem Hochsprung-Star zwei Rosen zur Begrüßung überreichte mit den Worten: „Na, Rosi... zwei Meter heute?“ Als sie dann noch die Startnummer 20 bekam, konnte nichts mehr schiefgehen.

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