Biathlon: Neuners neue Lust aufs Leben

Der Biathlon-Star über ihre neue Freiheit, mit Freunden ins Kino zu gehen und nicht immer nur auf die Fitness zu achten.

Heilbronn. Wenn Sonntag die Biathleten in Schweden in die Weltcupsaison starten, ist Magdalena Neuner nicht mehr dabei. Im März hat die Olympiasiegerin ihren Rücktritt erklärt. Mit 25 Jahren.

Frau Neuner, wie geht es Ihnen denn als Privatperson?

Magdalena Neuner: Es ist natürlich ganz anders. Wenn man einen so wichtigen Teil hinter sich lässt, beginnt immer auch was Neues. Mir geht es richtig gut, und ich muss diejenigen enttäuschen, die denken, ich hätte es irgendwie schon bereut. Nein. Noch keinen einzigen Tag. Ich mache auch nach wie vor viel Sport.

Wie bitte?

Neuner: Ja, aber das ist jetzt ganz anders. Es macht total Spaß, selbst zu bestimmen, wie lange man laufen geht. Es hat eine andere Qualität. Ich setze mich auch mal auf eine Bank und genieße die Ruhe. Ohne Uhren.

Und was machen Sie jetzt genau?

Neuner: Im Moment habe ich zwölf Sponsoren, die mich alle gerne auf Fotos in Zeitschriften oder auf Werbeplakaten haben wollen. Es ist schön, in andere Rollen zu schlüpfen und als Frau macht es Spaß, auch mal schick unterwegs zu sein.

Was ist mit dem Vorschlag von Uli Hoeneß, Sie könnten bei den Bayern anfangen?

Neuner: Oh, die Frage hängt mir so raus, das ist der Wahnsinn. Die Anfrage gibt es nicht. Das ist eine Luftblase. Er hat einfach gesagt, ich könne ihn anrufen, wenn ich mal irgendwas brauche. Das finde ich nett, und vielleicht nehme ich das mal in Anspruch.

Viele Fans sind noch immer traurig, dass Sie aufgehört haben.

Neuner: Für viele war es ein Ende, für mich ist es ein absoluter Neuanfang. Und ich merke, dass ich für die Menschen auch als Person Magdalena interessant bin.

Am Sonntag ist Saisonstart in Östersund. Nehmen Sie teil?

Neuner: Keine Ahnung, wie der Winter für mich wird. Ich habe es ja noch nie erlebt. Ich sitze wohl vorm Fernseher und fiebere mit. Bei den Heimweltcups im Januar werde ich sicher auch mal live dabei sein und an der Strecke stehen.

Sie haben im Juni die C-Lizenz gemacht. Sehen wir Sie als Trainerin?

Neuner: Die Zeit habe ich momentan überhaupt nicht. Wenn ich mal im Trainerbereich etwas machen wollte, dann mit Kindern. Bei uns in Wallgau haben wir derzeit keinen, der die Kinder trainieren will. Da sind definitiv Defizite da.

Was gönnen Sie sich an Aktivitäten, die vorher nicht drin waren?

Neuner: Der ganz große Unterschied ist: Als Athletin hat man immer den Sport im Hinterkopf. Im Grunde dreht sich das ganze Leben darum. Dieser Druck ist jetzt weg. Es ist auch egal, wenn ich am Freitagabend mit Freunden zusammensitze und ein Glas mehr trinke. Dann ist man vielleicht am Samstagvormittag ein bisschen neben der Spur, aber das ist nicht dramatisch. Das ist für viele vollkommen normal, für Leistungssportler ist das nicht drin. Ich merke, dass sich mein Leben im Freundeskreis verändert hat.

Inwiefern?

Neuner: Ich bin mehr integriert. Als Biathletin bin ich im Winter nie ins Kino gegangen, weil die Gefahr da war, dass ich krank werde, wenn einer hustet. Das ist jetzt entspannt. Das ist eine neue Lebensqualität. Ich möchte den Leistungssport nie missen, das war ein unglaublich schöner Lebensabschnitt. Aber jetzt genieße ich die Normalität, nicht immer perfekt und auf den Punkt fit sein zu müssen.

Haben Ihre Goldmedaillen eigentlich einen Ehrenplatz?

Neuner: Wir hatten über den Sommer eine Ausstellung in Wallgau, alle Utensilien stehen jetzt noch im Rathaus. Dann muss ich mal schauen, wo das alles hinkommt.

Etwa in Kisten?

Neuner: Viele Dinge werden sicherlich leider erst mal in Kisten und dann auf den Speicher gehen, weil der Platz gar nicht da ist. Aber es gibt ganz besondere Dinge wie die Weltcup-Kugeln, die stehen im Wohnzimmer. Sie nehmen zwar viel Platz weg, aber man hat da schon Emotionen, die man damit verbindet. Die wirklich wertvollen Sachen sind ohnehin im Banktresor — wie die Olympia-Medaillen.

Alle reden vom Loch im Biathlon, das Sie hinterlassen. Was trauen Sie Ihren Ex-Kolleginnen denn zu?

Neuner: Wesentlich mehr als die Öffentlichkeit. Miriam Gössner hat so viel Potenzial. Man hat auch Ende des Winters gemerkt, dass sie sich im Schießen gesteigert hat. Auch Tina Bachmann ist fit. Sie ist sowieso unheimlich ehrgeizig und tut alles dafür, um optimal vorbereitet zu sein. Andrea Henkel geht den ebenfalls richtigen Weg.

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