Doping-Affäre zieht weiter Kreise

Leichtathletik Russland und Weltverband IAAF wollen Vorwürfen nachgehen.

Lilija Schobuchowa bei ihrem Marathonsieg 2010 in London. (c) dpa - Bildfunk

Lilija Schobuchowa bei ihrem Marathonsieg 2010 in London. (c) dpa - Bildfunk

Foto: Felipe Trueba

Düsseldorf. Die Russin Lilija Schobuchowa ist eine der besten Marathonläuferinnen der Welt. Oder muss man sagen: War? Ihre Bestzeit liegt bei 2:18:20 Stunden, aufgestellt im Oktober 2011 bei ihrem dritten Sieg in Chicago. Es ist die zweitschnellste Zeit, die eine Frau jemals über die Marathon-Distanz gelaufen ist, allerdings wurde sie aus den offiziellen Listen gestrichen.

Denn zurzeit ist die 37-Jährige wegen auffälliger Blutwerte gesperrt, bis Januar 2015 darf sie kein Rennen bestreiten. Doch nicht nur wegen des Dopingverdachts erscheint ihre Rückkehr in den Leistungssport eher unwahrscheinlich. Schobuchowa hatte in der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping" offenbart, dass sie sich gegen Zahlung von 450 000 Euro an russische Funktionäre die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 in London erkauft hatte. Zu diesem Zeitpunkt hätten dem russischen Verband bereits ihre auffälligen Blutwerte der Jahre 2009 bis 2011 vorgelegen.


Am Montagabend legte Filmautor Hajo Seppelt im WDR-Magazin "Sport inside" weitere Details nach. So seien 300.000 Euro an Schobuchowa nach der Dopingsperre zurückgezahlt worden. Die Summe sei über die Firma "Black Tidings" in Singapur geflossen, angeblich mit Wissen von Walentin Balachnitschew, dem Präsidenten des russischen Leichtathletik-Verbands.

Geschäftlich verbunden mit der inzwischen aufgelösten Firma war auch Massata Papa Diack, der Sohn des Senegalesen Lamine Diack. Der ist Präsident des Welt-Leichtathletik-Verbands IAAF, Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und einer der mächtigsten Strippenzieher im Weltsport. Korruptionsvorwürfe gibt es gegen die Familie Diack immer wieder.

Massata Pap Diack gehörte übrigens auch zum russischen Bewerbungs-Team, das die Winterspiele 2014 nach Sotschi geholt hatte. Und Balachnitschew ist nebenbei Schatzmeister der IAAF. Er hält alle Vorwürfe nach einer "vorläufigen Untersuchung" für falsch.

Dabei wird es jedoch nicht bleiben. Die IAAF will die von Seppelt recherchierten Fakten der eigenen Ethikkommission vorlegen, der frühere Weltklasse-Stabhochspringer Sergej Bubka aus der Ukraine gab sich "zutiefst geschockt". Bubka ist Vizepräsident der IAAF und will im nächsten Jahr Nachfolger von Lamine Diack (81) werden, der dann nicht mehr kandidiert.

Auch Russlands Sportminister Witali Mutko hat eine "sorgfältige Untersuchung" angekündigt, spricht aber nur von "Einzelfällen". Und der Sportausschuss des russischen Parlaments wies die Vorwürfe bereits als gezielte Abwertung zurück. Lilija Schobuchowa und anderen Kronzeugen für die Dopingpraxis wirft man in ihrer Heimat vor, sich nur für ihre Sperren rächen zu wollen. Der von Seppelt zitierte ehemalige Dopingfahnder Witali Stepanow und seine Frau Julia, eine ehemalige 800-Meter-Läuferin, haben Russland bereits verlassen. "Die Athleten haben Angst", sagte Julia Stepanow im WDR.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort