Farahs Marathon-Debüt wird zum Medienspektakel

London (dpa) - Die Kameras verfolgen Mo Farah schon Tage vor dem Start. Zu Beginn der Woche posierte der erfolgreichste Läufer Europas im britischen Nationaltrikot vor der Londoner Tower Bridge.

Der Weltmeister und Olympiasieger über 5000 und 10 000 Meter will am Sonntag seinen ersten Marathon laufen - und gleich zwei Umstände machen dieses Rennen zu einem Medienspektakel.

Zum einen hat sich der 31-Jährige für sein Debüt den London-Marathon ausgesucht, was bedeutet, dass Farah die 42,195 Kilometer durch seine Heimatstadt laufen wird. Zum anderen könnte die Konkurrenz nicht stärker sein: Weltrekordler Wilson Kipsang ist dabei, der inoffizielle Rekordhalter Geoffrey Mutai (beide Kenia) und auch Weltmeister und Olympiasieger Steven Kiprotich aus Uganda. Experten sprechen bereits vom bestbesetzten Marathon der Leichtathletik-Geschichte. Gut möglich, dass entweder in London oder parallel in Rotterdam der erst sechseinhalb Monate alte Weltrekord von Kipsang schon wieder gebrochen wird.

„Ich habe viel erreicht auf der Bahn, aber ich möchte mich selbst testen. Und das wird ein großer Test am Sonntag“, sagte Farah auf die Frage, warum er sich dieser Strecke und auch dieser Konkurrenz aussetzt. Im Stadion hat der Brite seit fast drei Jahren kein bedeutendes Rennen mehr über 5000 oder 10 000 Meter verloren, aber vor seinem Marathon-Debüt gibt er sich betont demütig. „Ich bin der Außenseiter“, meinte Farah. „Ich werde wohl drei oder vier Rennen benötigen, bevor ich es richtig hinbekomme. Auch Kipsang oder Haile Gebrselassie haben ihren ersten Marathon nicht gleich gewonnen.“

Seit Monaten bereitet sich der in Somalia geborene Ausnahmeathlet auf den London-Marathon vor - und allein diese Zeit war schon reich an Turbulenzen. Bei seiner Generalprobe Anfang März beim Halbmarathon in New York stürzte Farah zunächst und wurde trotzdem Zweiter. Unmittelbar nach dem Rennen brach er dann bewusstlos zusammen und musste im Rollstuhl aus dem Zielbereich gefahren werden.

„Mir geht's gut, mir fehlte damals nur Energie“, sagte er diese Woche in London. Mittlerweile hat er auch so etwas wie ein Vorbild, an dem er sich orientieren kann, denn der mehrfache Weltmeister und Olympiasieger über 10 000 Meter, Kenenisa Bekele aus Äthiopien, stellte bei seinem Marathon-Debüt am vergangenen Wochenende in Paris gleich einen Streckenrekord auf. „Das gibt mir Selbstvertrauen“, sagte Farah. „Wenn Bekele das kann - warum soll ich das nicht auch können?“

Der Unterschied ist nur, dass Bekele in Paris nicht gegen solche Gegner antreten musste: Kipsang verbesserte den Weltrekord im September in Berlin auf 2:03:23 Stunden. Sein Landsmann Mutai war 2011 in Boston sogar noch schneller (2:03:02), nur entspricht die Strecke nicht den Regeln des Weltverbandes IAAF. Kiprotich schließlich ist erst der zweite Läufer der Leichtathletik-Geschichte, der gleichzeitig Weltmeister und Olympiasieger im Marathonlauf ist.

„Ich habe noch nie so viele große Namen in nur einem Rennen gesehen“, sagte der ehemalige Weltrekordhalter Haile Gebrselassie, der seiner Nachfolger-Generation in London als Tempomacher dienen wird. Auch der 40-jährige Äthiopier begann nach unzähligen Triumphen auf der Bahn mit dem Marathon - und hat für Farah nur einen Rat: „Geduld!“ Bei seinem ersten Marathon habe er nach 15 Kilometern gedacht: „Warum ist das hier so langsam? Ich muss schneller laufen“, erzählte Gebrselassie. „Aber nach 35 Kilometern zahlt man den Preis dafür. Jeder Marathon beginnt erst richtig nach 30 Kilometern.“

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