Krämer benennt Fehler bei Olympia-Bewerbung

Dresden (dpa) - DOSB-Interimspräsident Hans-Peter Krämer hat in einem ungewöhnlichen Grußwort auf dem Verbandstag des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) Fehler bei der früh gescheiterten Münchner Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2022 eingeräumt.

„Ich habe Zweifel, ob der Zeitpunkt nach dem Scheitern der Kandidatur für 2018 der Richtige war. Wenn man es will, muss man auch den Mumm haben, es zu machen und nicht erst die Landtags- und Bundestagswahlen abzuwarten“, sagte er am Samstag in Dresden unverblümt. „Es war ein Brummen in der Bevölkerung da, das nicht richtig wahrgenommen wurde.“ Die betroffenen Bürger hatten am vergangenen Sonntag klar gegen die Kandidatur gestimmt.

Außerdem habe es nach Ansicht des Übergangs-Präsidenten des DOSB nicht gereicht, nur prominente Sportler als Befürworter ins Rennen zu schicken. „Die Olympia-Gegner haben die neuen sozialen Medien genutzt, um ihre Leute an die Urne zu bringen“, sagte Krämer. Zudem sei es nicht gelungen, die Menschen zu überzeugen, die Winterspiele nicht als eine Bedrohung der Umwelt anzusehen. „Es war das umweltschonendste, nachhaltigste Konzept, das es für Olympische Spiele auf der Welt je gegeben hat“, erklärte Krämer.

Der Kritik, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) wie ein „geldverschlingender Moloch“ mit seinem Knebelvertrag über München und die Partnerkommunen herfallen würde, habe man nicht entgegenwirken können. „Dabei wäre der Gewinn der Spiele zu 60 Prozent an die Kommunen geflossen und zu je 20 Prozent an den DOSB und das IOC. Dazu hat das IOC 500 Millionen Euro für die Organisation zugesagt“, erklärte er und sprach von einer verpassten Chance: „Es wären wunderbare und fröhliche Spiele und eine Initialzündung für den deutschen Sport geworden.“ Nun müsse man eine Strategie entwickeln, „um für das Thema Sport in der Öffentlichkeit mehr Sympathien zu entwickeln“.

Dazu gehört für Krämer nicht, dass bereits einen Tag nach dem Aus für München aus Berlin, Hamburg oder Frankfurt/Main Erklärungen zum Für und Wider einer Sommerspiel-Kandidatur kamen. „Da muss man erstmal die Füße stillhalten und eine eingehende Analyse machen“, kritisierte Krämer. „In keinem Unternehmen entstehen solche Kommunikationsfehler.“ Und davon gab es in jüngster Zeit noch mehr. So gelangte eine interne und vertrauliche Umfrage des DOSB unter seinen 34 olympischen Sportverbänden, in der ein Mehrbedarf von 38 Millionen Euro an staatlichen Fördermitteln ermittelt wurde, an die Öffentlichkeit. Unmittelbar danach mahnte der DOSB auch noch, dass bei den deutschen Sportstätten ein Sanierungsstau von rund 42 Milliarden Euro bestehe. „Es entstand der Eindruck, dass der Sport unersättlich bei seiner Gier nach Mittelbedarf ist“, sagte Krämer.

Die knapp 200 Delegierten des DLV und Präsident Clemens Prokop, der mit 172:10 Stimmen wiedergewählt wurde, staunten nicht schlecht über diese Tacheles-Rede. „Das war mal eine Festrede“, meinte Prokop, der seit 2001 den Leichtathletik-Verband anführt, zu Krämers Auftritt. Als Anti-Doping-Kämpfer hat sich Prokop viel Respekt erworben und oft gegen den DOSB opponiert. „Wir sind uns nicht immer über den Weg einig, der zum Ziel führen kann, aber wir sollten keine Betonmauern aufbauen“, rief Krämer dem DLV-Chef zu. Prokop versicherte zwar, keine Mauern bei der Debatte aufbauen, wohl aber weiter offen und kontrovers über das Thema diskutieren zu wollen: „Die Doping-Frage ist die entscheidende.“

Im Mittelpunkt seiner nächsten vierjährigen Amtszeit wird vor allem die Fortsetzung des Erfolgskurses stehen. „Die Erfolge fallen uns aber nicht in den Schoß und müssen hart erarbeitet werden“, warnte Prokop. „Wir haben aber das Potenzial und die Perspektive, die glänzenden Erfolge fortzusetzen“. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London holten die DLV-Asse zuletzt acht Medaillen.

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